Berufsschullehrerverband macht mobil gegen einheitliche Ausbildung von Lehrkräften

Vor wenigen Tagen veröffentlichte der Berufsschullehrerverband Baden-Württemberg eine Pressemitteilung, in der eindringlich vor einer „Einheitsausbildung der Lehrkräfte“ gewarnt wurde. Auslöser der Meldung sind Überlegungen der neuen grün-roten Landesregierung, die Ausbildung der „wissenschaftlichen Lehrkräfte“ auf Universitäten und pädagogische Hochschulen aufzuteilen. Eine Trennung der Lehrerausbildung in eine universitäre fachwissenschaftliche Ausbildung und ein pädagogisches Begleitstudium an einer pädagogischen Hochschule würde dem Bildungsauftrag der Gymnasien und der beruflichen Schulen nicht gerecht, so die Sorge der Vorsitzenden des Berufsschullehrerverbandes (BLV) Margarete Schaefer.
Auch in anderen Bundesländern gibt es je nach Lehramt bzw. Schulform deutliche Unterschiede in der Gewichtung der fachlichen, didaktischen und erziehungswissenschaftlichen bzw. pädagogischen Anteile der Ausbildung. Ich frage mich jedoch, ob das mit Blick auf die „Abnehmer“ formaler schulischer Bildung wirklich sinnvoll ist: Lernen die Heranwachsenden an Hauptschulen grundlegend anders als die an Gymnasien oder Berufsschulen? Wie unterschiedlich sind die Anforderungen an Lehrkräfte, die sich ganz unabhängig von der Schulform einer immer heterogener werdenden Schülerschaft ausgesetzt sehen? Letztendlich geht es doch an jeder Schulform darum, möglichst konstruktiv mit der Vielfalt der Begabungen und Talente im Unterricht umzugehen. Um auf die Unterschiedlichkeit der Schüler angemessen eingehen zu können, benötigen Lehrkräfte eine Fülle von Kompetenzen. Dazu gehören neben fachlicher und didaktisch-methodischer Kompetenz vor allem auch Diagnose-, Klassenführungs-, Beurteilungs- und Teamkompetenz – in jeder Schulform und Schulstufe. Womöglich ist das auch der Grund, warum die GEW eine gänzlich andere Position vertritt als der BLV:

„Die GEW lehnt die Lehrerausbildung nach schulformbezogenen Lehrämtern ab. Diese steht im Widerspruch zum Grundprinzip der individuellen Förderung. Sie fördert vielmehr die Sehnsucht der Lehrerschaft nach homogenen Lerngruppen. Die GEW misst der schulformunabhängigen berufsbegleitenden Lehrerfortbildung besondere Bedeutung zu.“

Mit anderen Worten: eine schulformbezogene Lehrerausbildung verfestigt die Vorstellung, dass man Schüler in einem selektiven Prozess einer für sie passenden Schulform zuordnen kann, je nachdem ob sie bspw. eher akademisch oder eher handwerklich begabt sind. In seinem bemerkenswerten Vortrag „Changing Education Paradigms“ zeigt Sir Ken Robinson die Folgen dieser tradierten Betrachtungsweise auf, von der seines Erachtens nur wenige profitieren und bei der viele auf der Strecke bleiben. Seine Forderung lautet dementsprechend:

„We have to think differently about human capacity. We have to get over this old conception of academic, non-academic, abstract, theoretical, vocational and see it for what it is: a myth.“

(im Film ab Minute 10:40)

Quellen:
Pressemitteilung Berufsschullehrerverband Baden-Württemberg
Ausbildung zum Lehramt in Baden-Württemberg
GEW: Sechs Punkte zur individuellen Förderung
Sir Ken Robinson: Changing Education Paradigms