Der langjährige Leiter des Evangelisch-Stiftischen Gymnasiums in Gütersloh, Dr. Ulrich Engelen, beschreibt, wie Schulentwicklungsprozesse angebahnt werden können – und wie die Schulleitung diese unterstützen kann.
Kurzdarstellung
Mit dem Anspruch, Kinder und Jugendliche individuell zu fördern und Inklusion im Sinne der UN-Menschenrechtskonvention zu verwirklichen, ist eine grundlegende Veränderung der Schul- und Unterrichtskultur verbunden. Dies stellt Schulen vor große Herausforderungen: Die Umgestaltung kann weder von heute auf morgen erfolgen, noch kann sie gegen den Willen aller an Schule Beteiligten durchgeführt werden. Sie hat überhaupt nur Aussicht auf Erfolg, wenn es gelingt, an die bestehende und bewährte Unterrichtspraxis anzuknüpfen und im Vergleich zum Ist-Stand den zusätzlichen Mehrwert deutlich zu machen, der für Lernende und Lehrende bspw. mit individueller Förderung verbunden ist.
Um diesen schulentwicklerischen Prozess in Gang zu bringen, gilt es, das Kollegium frühzeitig in den Diskurs einzubeziehen und mögliche Bedenken und Kritikpunkte ernst zu nehmen. Dazu gehört auch, die bestehende Belastungssituation an Schule anzuerkennen: Bei einem wöchentlichen Unterrichtsdeputat von ca. 25 Stunden müssen sich Lehrkräfte vorbereiten und sich auf oft mehr als zweihundert Schülerinnen und Schüler einstellen. Viel Zeit fließt in die Kontrolle von Hausaufgaben, die Betreuung, Korrektur und Bewertung von Referaten und Facharbeiten, Klassenarbeiten, Tests und Klausuren. Hinzu kommen, neben den obligatorischen Konferenzen, zunehmend auch schulverwalterische Aufgaben und außerunterrichtliche Aktivitäten. Verständlich ist darum die Sorge vieler Lehrkräfte, dass mit der individuellen Förderung jedes einzelnen Schülers die Arbeitsbelastung weiter zunimmt – zumal es kaum empirische Befunde gibt, die das Gegenteil nahelegen.
UnterrichtEine weitere Herausforderung liegt darin, dass Lehrkräfte – genau wie die Schüler auch – eine sehr heterogene Gruppe bilden. Bei der Umstellung auf individuelle Förderung ist es darum wichtig, das vorhandene Wissen und den individuellen pädagogischen Standpunkt der Kollegen zu berücksichtigen und im ersten Schritt kleinere Ansatzpunkte für Veränderungen zu suchen. Das kann z. B. bedeuten, dass zunächst Arbeitsgruppen etabliert werden und in einem Fach oder einer Jahrgangsstufe neue Methoden erprobt werden.
Ohne die aktive Rolle der Schulleitung und die aktive Unterstützung des Prozesses durch die Schulleiterin oder den Schulleiter können schulische Innovationen kaum gelingen: Sie oder er ermutigt und motiviert die Beteiligten, zeigt Vertrauen in die vorhandenen Qualitäten, hilft, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen, sorgt dafür, dass Strukturen geschaffen werden, um Neues zu erproben und nachhaltig in der Schule zu verankern. Dabei ist die Wertschätzung der Kolleginnen und Kollegen eine der wesentlichsten Aufgaben von Schulleitung.
Den vollständigen Beitrag von Dr. Ulrich Engelen können Sie hier herunterladen:
Und schon wieder neue Herausforderungen für die Schule – Gedanken darüber, wie man sie vielleicht bestehen kann.