Dieser Beitrag wurde verfasst von: Daniel Schneider.

Mit schlimmen Folgen kann es enden, wenn Kinder und Jugendliche unaufgeklärt im Internet unterwegs sind. Daher ist es wichtig, sie möglichst früh über die Risiken und Gefahren, die im Internet auf sie lauern, zu informieren und das sollte schon im Grundschulalter geschehen.
Kinder und Jugendliche wachsen mit den digitalen Medien auf und es lässt sich nicht verhindern, dass sie fast täglich mit ihnen in Berührung kommen und auch nutzen. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass Kinder und Jugendliche, weniger Berührungsängste haben was die „neuen Medien“ und deren rasche Weiterentwicklung angeht, in dieser Beziehung meist viel affiner sind als ihre Eltern. In deutschen Haushalten wachsen Kinder und Jugendliche auf, in denen das Handy und der Computer mit Internetzugang zum Grundinventar gehören (vgl. JIM-Studie 2014).
Viele Kinder und Jugendliche besitzen darüber hinaus sogar ein eigenes Endgerät wie etwa Computer, Laptop, iPad, Notebook oder ein Smartphone und die Möglichkeit, von ihrem Zimmer aus die Angebote des Internets zu nutzen.
Kontrollverlust und mangelnde Medienkompetenz
Wann und wo Kinder und Jugendliche die vielfältigen Möglichkeiten und Angebote des Internets nutzen, können die Eltern heutzutage kaum noch kontrollieren. Denn so, wie sich die Ausstattung der Mediengeräte verändert, werden auch die Optionen der Mediennutzung immer vielfältiger und komplexer. Mit dem Smartphone haben Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, fast von allen Standorten aus ins Internet zu gelangen. Dabei werden die Besitzer solcher Geräte immer jünger. So geben 88 Prozent der zwölf -19 Jährigen an, ein internetfähiges Smartphone zu besitzen. Bei den acht bis neun Jährigen Kindern sind es 10 Prozent von denen wiederum 22 Prozent eines mit Internetzugang besitzen (vgl. JIM-Studie 2014; KIM-Studie 2014).

Veröffentlichung der FIM-Studie 2011 (Familie, Interaktion & Medien) zur Kommunikation und Mediennutzung in Familien
FIM-Studie 2011 zur Kommunikation und Mediennutzung in Familien

Um sich reflektiert mit der Mediennutzung der Kinder und Jugendlichen auseinanderzusetzen, erfordert es viel Zeit, Engagement und Medienkompetenz Faktoren, die nicht alle Eltern haben, oder ihnen nur in einem begrenzten Maße zur Verfügung stehen. Zudem hängt die Kompetenzvermittlung auch stark von den eigenen Fähigkeiten der Eltern ab. Trotz vieler Angebote von Ratgebern bis hin zu Elternabenden mit Fachreferenten in verschiedenen Bundesländern bleibt immer noch die Frage offen, inwieweit die Eltern davon wissen und wie sie diese Angebote nutzen. Die FIM-Studie (2011) beschäftigte sich unter anderem mit der Frage, wie die Eltern ihre eigene Medienkompetenz einschätzen würden.
Das Ergebnis ist meines Erachtens eher ernüchternd: So gaben etwa ein Fünftel der Eltern an, dass ihre Medienkompetenz sehr gut sei. Ein weiteres Fünftel gab an, nur sehr wenig oder sogar keine Medienkompetenz zu verfügen. Die Mehrheit, 60 Prozent, schätzten ihre Medienkompetenz nur als begrenzt ein.

Auf welche Gefahren Kinder und Jugendliche stoßen können
Computer-, Video- und Onlinespielsucht, versteckte Kostenfallen, persönlicher Datenmissbrauch, Begegnung mit pornografischen-, rechtsextremistischen- und rassistischen Inhalten und Gewaltvideos sind Gefahren, denen Kinder und Jugendliche im Internet ausgesetzt sind. Eine weitere größere Gefahr lauert meines Erachtens da, wo Kinder und Jugendliche die meiste Zeit unterwegs sind, nämlich in den sozialen Netzwerken und in Internetportalen, wo sie schnell an falsche Kommunikationspartner gelangen können. Im Folgenden möchte ich etwas genauer auf die Gefahren Cybermobbing und Cybergrooming eingehen.

Cybermobbing
Mobbing ist eigentlich ein Begriff, der heutzutage oft mit der Arbeitswelt in Verbindung gebracht wird. Unter Mobbing versteht man, dass eine Person oder Personengruppe eine unterlegene Person durch verbale- oder körperliche Gewalt, systematisch und über einen längeren Zeitraum diskriminiert (vgl. Teuscher/ Heuschen 2013: 21). Während beim klassischen Mobbing der Handlungsraum auf dem Arbeitsplatz oder dem Schulraum beschränkt ist, verlagert sich das Cybermobbing, auch Cyberbullying genannt, mit Hilfe der digitalen Medien, darüber in den privaten Bereich einer Person hinaus.
Die Opfer von Cybermobbing werden meist durch Beleidigungen, Verleumdungen oder auch durch Drohungen terrorisiert. In schlimmen Fällen kommt es auch vor, dass die Opfer durch manipulierte Bilder oder entwürdigende Fotos, die sich häufig auf einen sexualisierten Kontext beziehen, für die Öffentlichkeit sichtbar auf verschiedenen Seiten im Internet, gedemütigt werden. Eines der bekanntesten Fälle für Cybermobbing, ist die Geschichte von Amanda Todd. In einem Chat mit einem Fremden, der ihr bezüglich ihrer Schönheit hin Komplimente aussprach, zeigte sie ihm über eine Webcam ihren entblößten Oberkörper. Der Fremde speicherte dies als Bild und erpresste Amanda. Das Bild gelangte durch die Veröffentlichung und durch die Verbreitung an Amandas Freundeskreis an die Schule, woraufhin sie gemobbt wurde. Auch einige Schulwechsel und Umzüge brachten nicht den gewünschten Erfolg auf einen Neuanfang. Schließlich nahm sie sich nach einem vorangegangenen versuchten Suizid kurz vor ihrem 16. Lebensjahr das Leben. In einem YouTube Video veröffentlichte sie ihre Leidensgeschichte.
Aber nicht nur im Ausland, auch bei uns in Deutschland machen seit einigen Jahren zahlreiche Pressemeldungen auf das Thema „Cybermobbing“, aufmerksam. Der Online-Ausgabe der Augsburger Allgemeinen vom 22.09.2015 ist zu entnehmen, dass laut einer Studie fast jeder Fünfte Jugendliche in Deutschland schon einmal Opfer von Cybermobbing wurde.

Cybergrooming
Als Cybergrooming bezeichnet man eine gezielte, systematische sexuelle Belästigung von erwachsenen Personen gegenüber Kindern und Jugendlichen im Internet. Dabei erschleichen sich die Erwachsenen, meist über Online-Chatportale, das Vertrauen junger Internetnutzer und vor allem Internetnutzerinnen – nicht selten mit der Intention, sich auch im realen Leben mit ihnen zu treffen um sie zu missbrauchen. Auf dem digitalen Wege versuchen sie, an pornografische Darstellungen zu gelangen, pädophile Handlungen auszuführen oder ihre Opfer verbal sexuell zu belästigen.
Um den Gefahren in Chatportalen auf den Grund zu gehen habe ich mich im Rahmen meiner wissenschaftlichen Masterarbeit auf einen Selbstversuch in einem vermeintlich kindersicheren Chatportal eingelassen. Zu diesem Zweck entschied ich mich, mich als ein 14-Jähriges Mädchen auszugeben. Ein passendes Profilfoto erhielt ich von einer nahestehenden Person, die mittlerweile über 30 Jahre alt ist, aber mir ein Foto aus ihrer Jugendzeit zur Verfügung stellte.
Der Versuch wurde an zwei Tagen durchgeführt und bewusst auf die Wochenendtage gelegt, da ich vermutete, dass das Portal gerade an diesen Tagen stark frequentiert wird. Mir war besonders wichtig, als passive Person, als schüchternes Mädchen, im Chat unterwegs zu sein und ich wollte lediglich abwarten, was passiert. Um möglichst themenfrei und zugleich altersgerecht chatten zu können, entschied ich mich einem Chatraum für unter 18-Jährige beizutreten. Ob und vom wem ich angechattet werden würde, konnte ich im Vorfeld nicht erahnen. An diesen beiden Tagen kam es zu insgesamt 52 Kontakten. Mit 14 Kontakten kam es zu kürzeren oder längeren Chats. Um die Ergebnisse kurz zusammenzufassen, kann ich an dieser Stelle sagen, dass über die Hälfte meiner Chatkontakte:

  • mir gegenüber sexistische Ausdrucksweisen benutzt haben und
  • mich dazu bewegen wollten, in ein anderes Chatportal zu wechseln.

Mit so einem hohen Ergebnis habe ich zu Beginn meines Eigenversuchs nicht gerechnet, da ich vermutete, dass es nicht so häufig zu verbalen Übergriffen kommt und davon ausging, dass es sich eher um Einzelfälle handelt. Die Altersspanne in den Chats war zwischen 14- und 21- Jahren, wobei der Durchschnitt meiner Chatpartner 19-Jahre Betrug. Der Wechsel in andere Chatportale wurde damit begründet, dass man sich dort noch besser unterhalten und auch eine Kommunikation über die Webcam (was auch als „camen“ bezeichnet wird) führen könne, mit dem Hintergrund sexuelle Handlungen durchzuführen. Auch kam es vor, dass im Mailkontakt um weitere Fotos von meiner Person gebeten wurde, auf denen etwas „mehr“ zu sehen ist und man sich diesbezüglich auch gerne austauschen könne. Probleme trotz meines jungen Alters, so mit mir zu kommunizieren, hatte auf Nachfrage jedoch keiner der Chatpartner. Der Account in dem Chatportal wurde nach den zwei Tagen wieder gelöscht.

Initiativen und Organisationen
Es gibt mittlerweile viele Aktionen und Organisationen, die sich speziell mit dem Thema Cybermobbing und -grooming auseinandersetzen und Präventionsmaßnahmen entwickeln, wie Opfern geholfen werden kann und welche Möglichkeiten Schulen bieten können, um über die Gefahren aufzuklären . Darüber hinaus gibt es auch viele Internetseiten, wo sich Eltern ebenfalls informieren und sich Tipps einholen können, wie sie das Gefahrenpotenzial minimieren können.

Fazit
Da die Kinder und Jugendliche unvermeidlich mit den digitalen Medien aufwachsen, ist es umso wichtiger, dass sich Eltern und auch Lehrkräfte sich mit diesem Phänomen auch im Interesse der Kinder und Jugendliche damit auseinandersetzen. Daher ist es notwendig, sie zu einer reflektierten und mit einer umsichtigen Mediennutzung zu befähigen. Dies kann durchaus im Unterricht geschehen. Dabei sollten den Kindern und Jugendlichen neben den verschieden Möglichkeiten, die das Medium Internet bietet, vor allem auch auf die Gefahren und Hilfestellungen für richtiges Verhalten vorbereitet werden.
Mir ist völlig klar, dass man Kinder und Jugendliche nicht komplett vor den Risiken und Gefahren, die mit den digitalen Medien einhergehen, schützen kann. Sondern geht es mir vielmehr darum, sie auf diese Gefahren vorzubereiten und sie in ihrer Medienkompetenz zu stärken. Und das je früher, desto besser. Es geht mir nicht darum das Internet als „schlechtes“ Medium darzustellen, was es ganz und gar nicht ist. Denn es bietet als Informationsquelle und Kommunikationsraum ein riesiges Potenzial für den Einzelnen – und auch viele Chancen und Möglichkeiten für Schule und Unterricht. Jedoch sollte man sich mit den Gefahren im Internet bewusst auseinandersetzen und entsprechend mit ihnen umgehen.

Präventionsmaßnahmen:
http://www.klicksafe.de/
http://www.bündnis-gegen-cybermobbing.de/
http://www.chatten-ohne-risiko.net/
http://www.internauten.de/
http://www.internet-abc.de
http://www.lehrer-online.de/lehrer-online.php
http://www.fsm.de/jugendschutz/jugendschutzprogramme
http://www.schau-hin.info/

zur JIM-Studie http://www.mpfs.de/index.php?id=276
zur FIM-Studie http://www.mpfs.de/index.php?id=272

Andere Beiträge zum Thema:

http://www.heute.de/medienkompetenz-eltern-sollten-internet-nutzung-von-kindern-begleiten-38985690.htmlhttp://www.helles-koepfchen.de/artikel/2151.html
http://www.noz.de/deutschland-welt/gut-zu-wissen/artikel/573300/diese-gefahren-des-internets-sollten-eltern-kennen
http://www.augsburger-allgemeine.de/neuburg/29-Jaehriger-gibt-sich-im-Netz-als-Maedchen-aus-und-fordert-Nacktfotos-id35918542.html
http://www.stern.de/panorama/stern-crime/cyber-grooming-im-chat-gefaehrliche-anmache-im-internet-3746662.html
http://www.tagesspiegel.de/medien/digitale-welt/trauer-um-15-jaehrige-cybermobbing-trieb-amanda-todd-aus-vancouver-in-den-tod/7277052.html