So schön könnte digitales Lernen funktionieren – wenn da nicht die vielen kleinen Hürden wären, mit denen man nicht rechnen kann. Die Architektur eines Gebäudes etwa.

Zu meinem Job gehört es, viel mit Menschen zu sprechen. Wenn ich unterwegs bin zum Thema „digitales Lernen“, dann spreche ich mit Lehrern, Schulleitern, Azubis, Studierenden – mit vielen unterschiedlichen Personen. Alle kennen sich irgendwie mit dem Lehren und Lernen aus und befassen sich mit der Frage, wie gutes digitales Lernen aussehen könnte.

Irgendwann im Gespräch frage ich dann meist danach, was im Hinblick auf die Digitalisierung des Lernens noch nicht so gut funktioniert. Man könnte meinen, da gäbe es dann vorrangig Diskussionen um Tablets, den WLan-Zugang oder das Konzept „Bring Your Own Device“. Ist aber oft nicht so.

Was mir immer wieder begegnet, sind Stolpersteine an Stellen, wo sie keiner vermutet hatte. Zum Beispiel berichtete mir mal ein Lehrer, sie hätten ein fantastisches Whiteboard, könnten es aber leider nicht benutzen. Der absurde Grund dafür: Die Schule hat keinen Aufzug. Und das gute Stück steht im Erdgeschoss, wo keine Klassenräume sind. Sowas überrascht einen dann schon, wenn die Hindernisse so trivial erscheinen.

Oder: Apps zur Kommunikation mit Schülern nutzen – gerne! Nur leider haben viele Lehrende ihre jeweils eigene Lieblingsapp und die Schüler müssen dann nicht selten zu wahren Virtuosen werden, wenn es um das Managen der vielen verschiedenen Passwörter und Funktionsweisen geht. Das ist zwar auch irgendwie eine Kompetenz im Hinblick auf digitale Medien, aber nicht ganz das, was ich mir unter „digitalem Lernen“ vorgestellt hatte.

Mittlerweile sind mir viele ähnliche Probleme erzählt worden: Die Bandbreite der Schwierigkeiten beginnt in manchen Fällen bei der fehlenden Möglichkeit, Gastdozenten an Hochschulen Zugang zum dortigen Lernmanagementsystem zu gewähren – was darin gipfelt, dass die Kommunikation mit Studierenden und das zur Verfügung stellen von Dokumenten doch wieder über private E-Mail-Adressen erfolgen muss. Und in manchen Fällen endet das Bestreben nach digital geprägtem Unterricht bei einem architektonisch zementierten Frontalunterricht in einem neu gebauten Schulgebäude, das zwar mit allen nur erdenklichen Medien ausgestattet ist, aber leider keine flexible Nutzung der Geräte ermöglicht: Die Bänke und Stühle sind in ordentlichen Reihen auf dem Boden festgeschraubt. Mit Blick auf die gute alte Kreidetafel.

Da muss ich dann schon manchmal lachen, auch wenn es eigentlich traurig ist. Gegen diese Widrigkeiten und Fehlplanungen hat auch der begnadetste und motivierteste Pädagoge kaum eine Chance. Gleichzeitig sind es genau diese Schwierigkeiten, die uns den Spiegel vorhalten und uns ermöglichen, genauer hinzuschauen: Was passiert hier eigentlich? Geht es wirklich nur um die Einführung neuer Geräte in den Unterricht? Oder um die endlose Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen von Schul-WLan?

Nein, das ist es nicht. Hier geht es um einen kompletten Wandel der Lehr-Lernkultur. Das Digitale ist da nur ein Aufhänger. Und immer wenn „alt“ und „neu“ aufeinandertreffen, treten die entsprechenden Reibungsverluste zu Tage – und sei es eben in Form festgeschraubter Bänke. Weil man eben auf Bänken sitzen muss um zu lernen. In einer Reihe. Alle.

Natürlich ist das nicht wirklich lustig, schon allein, weil neben finanzieller und kapazitärer Verschwendung auch die motiviertesten Mitstreiter in Lehre und Lernen auf Dauer frustriert werden. Aber schmunzeln muss ich trotzdem jedes Mal, wenn ich solche Absurditäten höre. Na gut, denke ich mir dann, hat ja auch keiner gesagt, dass es leicht werden würde. Und wer hätte gedacht, dass die Umsetzung des digitalen Lernens mit Schulbänken und einem guten alten Schraubenzieher beginnen könnte. Digital und analog sind vielleicht doch nicht so weit voneinander entfernt wie gedacht – nur anders.