Eine neue Studie des Centrums für Hochschulentwicklung im Rahmen des Hochschulforum Digitalisierung untersucht erstmals flächendeckend das „Lernen mit digitalen Medien aus Studierendenperspektive“. Die Ergebnisse der Sonderauswertung aus dem CHE Hochschulranking zeigen, dass Studierende digitale Medien zu einem Großteil eher konservativ nutzen. Das Bild des vielseitig orientierten Studierenden, der sich aus dem umfangreichen Angebot verfügbarer Medien ein individuelles Lernportfolio zusammenstellt, entspricht unabhängig vom Alter der Studierenden nicht der breiten Realität.

Die private Nutzung digitaler Medien übersetzt sich nicht zwangsläufig in den Hochschulalltag. Digitale Lehre funktioniert vor allem dann, wenn Dozierende sie proaktiv einführen. Diese Abhängigkeit des Digitalisierungsgrades vom Angebot wird in der vorliegenden Befragung am Beispiel der Informatikstudiengänge und der medizinischen Fächer gut sichtbar: Dort wo digitale Medien einen obligatorischen Bestandteil des Lernprozesses ausmachen, ist die Verbreitung bereits heute hoch.

Dabei unterscheidet sich die Nutzung digitaler Medien in einem Fach deutlich zwischen den Hochschulen. Auch dies belegt den wesentlichen Einfluss der konkreten Lehrpraxis und -kultur einer Hochschule auf die Nutzungsvielfalt digitaler Medien bei ihren Studierenden.  Die Autoren der Studie fordern vor diesem Hintergrund, digitale Lernformate jenseits der punktuellen Anreicherung systematisch in der Hochschullehre zu verankern, wenn sie einen didaktischen Mehrwert für Studierende versprechen.

Um den Grad der Nutzung digitaler Medien im Studium zu charakterisieren, lassen sich auf Grundlage der Daten vier Nutzertypen ableiten. Die größte Gruppe (30 %) sind die „PDF-Nutzer“. Sie arbeiten nach wie vor überwiegend mit klassischen digitalen Medien, mit PDF-Dokumenten, PowerPoint-Präsentationen und kommunizieren über E-Mails. Ihr Anteil ist unter den untersuchten Fächern mit 56 % in den Pflegewissenschaften besonders hoch.

Jeder vierte Studierende in Deutschland kann der Kategorie der „E-Prüflinge“ zugeordnet werden. Diese Gruppe nutzen im Verlauf ihres Studiums auch E-Assessment-Formate und legen digitale Prüfungen ab. Ihr Anteil ist im Bereich der Medizin (47 %) und Zahnmedizin (35 %) aufgrund der standardisierten Prüfungen besonders hoch.

Die dritte Nutzergruppe sind die „Videolernenden“ mit 23 %. Während beispielsweise in der Zahnmedizin nur 12 % “Videolernende“ sind, weist diese Gruppe in der Informatik mit 34 % einen besonders hohen Anteil auf. Auch die „Digitalen Allroundern“ sind in diesem Fach (31 %) weit stärker vertreten als im fächerübergreifenden Durchschnitt (21 %).

Die sechs Kernergebnisse im Überblick:

1.    Es gibt große Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien zwischen den Studienfächern.

2.    Die Nutzung digitaler Medien unterscheidet sich noch deutlicher zwischen den Hochschulen innerhalb desselben Faches, was darauf hindeutet, dass die konkrete Lehrpraxis einer Hochschule einen Einfluss auf die Nutzungsvielfalt digitaler Medien hat.

3.    Die private Nutzung digitaler Medien übersetzt sich nicht zwangsläufig in den Hochschulalltag.

4.    Über die Fächer und Hochschulen hinweg existieren klar unterscheidbare Nutzertypen. Nur 21 % der Studierenden nutzen eine breite Palette verfügbarer digitaler Medien im Rahmen ihres Studiums. Etwa 30 % der Studierenden beschränken sich überwiegend auf klassische digitale Medien wie PDF-Dokumente, E-Mail und PowerPoint.

5.    Der Begriff „Digital Native“ erscheint auf Grundlage dieser Auswertung bedeutungslos. Die Annahme, dass heutige Studierende generell digital affin studieren, ist nicht haltbar.

6.    Digitale Medien scheinen an vielen Hochschulen kein integraler Bestandteil der Lehre zu sein. Aktuell zeigt sich flächendeckend eher eine punktuelle Anreichung der Lehre durch digitale Medien.