In der Vorbereitung zum Monitor Digitale Bildung für die Berufsausbildung wurden auch Gespräche mit Berufsschülerinnen und Berufsschülern geführt, u.a. zu ihrer Einschätzung, wo und wann sie das Lernen mit digitalen Medien für sinnvoll halten. Eine „Randnotiz“ dieser Gespräche betrifft die Einschätzung des Vokabelprogramms „Phase 6“. Zwei Schüler kommen beim gleichen digitalen Lernangebot zu einer grundsätzlich kontroversen Einschätzung.

A: „Ich habe Phase 6 von Verwandten geschenkt bekommen. Damit habe ich dann Lateinvokabeln gelernt. Das habe ich ganz extrem eingesetzt.“

B: „Ich kann nicht gut damit lernen. Ich schreibe mir lieber Karteikarten und schreibe das nochmal ab. Phase 6 setzt mich voll unter Druck. Ich habe es dann irgendwann deinstalliert.“

Haben wir es hier mit einem Computer-Nerd und einem „Non-liner“ zu tun? Nicht unbedingt. Wenn man die Ergebnisse der aktuellen Studie „Monitor Digitale Bildung“ zur Berufsausbildung berücksichtigt, handelt es sich eher um zwei medienbewusste Vertreter ihrer Generation, die sehr genau wissen, wann sie bestimmte digitale Medien einsetzen wollen und wann nicht.

60 Prozent der befragten Auszubildenden stimmen in der Studie voll und ganz der Aussage zu, dass der Unterricht aus einem „Mix“ von analogen und digitalen Lernmedien bestehen sollte. Es ist auch keinesfalls so, dass digitale Lernmedien schon deswegen bei Jugendlichen auf eine höhere Akzeptanz stoßen, weil sie eben digital sind. Diese Faszination und eine dadurch höhere Lernmotivation konnte beim Monitor am ehesten für die Gruppe der 16 bis 18-Jährigen mit niedrigerem Bildungsgrad festgestellt werden. Andere Zielgruppen schauen hingegen stärker auf die passenden Rahmenbedingungen.

Die Gespräche mit Berufsschülerinnen und -schülern zeigen, dass Lehrer schnell Unmut bei den Schülern erzeugen, wenn sie digitale Medien nur „l´art pour l´art“ einsetzen und nicht, weil es im Unterrichtszusammenhang sinnvoll ist. Gleiches gilt, wenn die Bereitstellung oder Einrichtung von Tablets z.B. zu Recherchezwecken zu lange dauert oder diese nicht funktionieren. Die befragten Azubis waren aber schnell überzeugt, wenn sie den inhaltlichen oder zeitlichen Mehrwert der digitalen Lernmittel erkennen, selbst wenn sie die Berufsschullehrer bei technischen Problemen unterstützen mussten.

Es gibt oft auch individuelle Gegebenheiten, die die Entscheidung zum digitalen Lernen beeinflussen, die also bei den Berufsschülern selbst liegen:

C: „Ich habe meine Lernblätter am Computer geschrieben, weil ich so eine Sauklaue habe.“

D: „Wenn ich etwas mit der Hand schreibe, bleibt es besser hängen.“

Im oberen Fall hilft der Computer, Texte auch für andere lesbar zu gestalten. Im unten Fall denkt ein Schüler den haptischen Effekt mit, der das Lernen aufgrund von Handbewegungen vertieft. Dies spiegelt auch die aktuelle Diskussion um das Thema „Handschrift“ wider. Manche Schüler begrüßen es auch, wenn sie keine schweren Bücher tragen müssen:

E: „Man hat das ganze Wissen in der Hosentasche.“

Andere hingegen beklagen, dass man einem pdf-Dokument den mit der Lektüre verbundenen „Workload“ nicht ansieht:

F: „Da fange ich am Sonntagabend an zu lesen und merke, dass ich es bis zum Montag sowieso nicht mehr schaffe“.

Fazit: Die jetzigen Auszubildenden haben bei der Wahl ihrer Lernmittel oft einen sehr pragmatischen Ansatz und entscheiden von Fall zu Fall, ob sie digitale Medien zum Lernen einsetzen oder nicht. Gerade dies ist ein Anzeichen für eine reflexive Medienkompetenz und nicht – wie man meinen könnte – Ausdruck einer Protesthaltung im Sinne von Andre Wilkens´ „Analog ist das neue Bio“.

Diese Haltung könnte auf der anderen Seite des Schreibtischs eine Entsprechung finden, wie sie der Lehrer und Blogger Torsten Larbig (@herrlarbig) in einem Tweet zusammenfasst: „Glaube, ich will keine »TabletKlasse«, sondern guten Unterricht machen, in dem ich das jeweils didaktisch best geeignete Medium nutzen kann“ (ausführlicher in seinem Blog).