Im Rahmen der Recherchen für den „Monitor Digitale Bildung – die Schule im digitalen Zeitalter“ erfuhren wir von Lehrerinnen und Lehrern, wie technische Unzulänglichkeiten eine ganze Schulstunde „sprengen“ können. Wenn Schülerinnen und Schüler unterschiedliche eigene Geräte einsetzen, wenn das WLAN in die Knie geht oder wenn plötzlich das Smartboard seinen Dienst versagt, sind Lehrkräfte oft überfordert. Das Problem: Digitale Errungenschaften bieten viele Möglichkeiten, lassen sich aber nicht intuitiv, sondern oft nur nach intensiven Schulungen adäquat bedienen – und auch das nicht immer ohne Probleme.

Folglich sehen Lehrerinnen und Lehrer hier auch die größte Herausforderung beim Einsatz digitaler Lernmedien (Abbildung 1):

Abbildung 1: Lehrende an Schulen: Herausforderungen beim Einsatz digitaler Lernmedien

Liegt dies möglicherweise auch daran, dass Lerntechnologien, die in Schulen eingesetzt werden, für den normalen Schulalltag nicht geeignet sind? Sind die Systeme zwar äußerst vielseitig und leistungsfähig, gleichzeitig aber zu störanfällig? Brauchen wir für den reibungslosen Schulbetrieb eher den „Land Rover“ als den „Lamborghini“? Dieser Beitrag liefert erste Ideen zur Beantwortung dieser Fragen und hoffentlich einen Anstoß zu weiteren Diskussionen.

Für den reibungslosen Ablauf des Unterrichts mit digitalen Medien sind zwei Aspekte zentral: Die Instandhaltung von Hard- und Software sowie die „Robustheit“ der Geräte bzw. der Software.  Während Schulleitungen früher bereits froh waren, überhaupt über entsprechende Geräte zu verfügen, ist deren „nachhaltiger Einsatz“ heute ein essentieller Aspekt in den Medienentwicklungsplänen und Haushalten der Schulträger.

Im Land Brandenburg – und sicherlich auch in anderen Bundesländern – wird inzwischen darauf geachtet, die sogenannten „PONKS“ (Pädagogisch-organisatorische Netzwerkkoordinatoren) an den Schulen von technischen Aufgaben wie der Installation von Programmen oder dem Wechseln einer Birne im Beamer zu entlasten. Dies übernimmt ein Service des Schulträgers, der die Geräte regelmäßig kontrolliert („Wartung“) und bei technischen Problemen schnell zur Stelle ist („Support“). Diskutiert wird in Brandenburg auch die Funktion eines „Medienwarts“, der als „Technischer Hausmeister“ enger an eine Schule angebunden ist.

Doch man kann noch mehr tun. Folgende Ratschläge zum nachhaltigen Einsatz von Lerntechnologien  wurden im Januar 2018 in einem Workshop auf der Kongressmesse Learntec geäußert:

  • Ein schneller und breitbandiger Internetanschluss, auf den viele Nutzer gleichzeitig zugreifen können, ist die absolute Grundvoraussetzung für reibungsloses digitales Lernen an Schulen.
  • Die Hard- und Software in den Schulen eines Schulträgers, zumindest aber innerhalb einer Schule, sollte nach Möglichkeit einheitlich sein. Diese Systeme sollten nach einer definierten „Halbwertszeit“ systematisch durch neuere ersetzt werden.
  • Ein „rechenschaftsloser Haushaltsposten“, über den die Schulleitung bei Bedarf frei verfügen kann, ermöglicht eine schnelle Auftragsvergabe, wenn Geräte defekt sind oder Updates für eine Software installiert werden müssen.

Für Wartung und Support werden also zunehmend Lösungen gefunden. Doch wie sieht es nun mit der Störanfälligkeit und der „Usability“ von Geräten und Software im Schulbetrieb aus? Grundsätzlich gilt die Binsenweisheit: Geräte, die nicht so schnell defekt sind, machen auch weniger Ärger. Einige Hersteller von Smartboards werben daher auch mit der Robustheit ihrer Geräte. Doch Soft- und Hardware mit einer intuitiven Anwendbarkeit sucht man in diesem Marktsegment vergebens. Viele andere bekannte Hardware-Angebote wie etwa der „Calliope Mini“, dessen zarten Leuchtdioden und Käbelchen wohl kaum eine Woche Schulranzen überstehen dürften, sind hochgradig fragil.

Dabei gibt es durchaus robuste Alternativen: Der XO-1 wurde bereits 2006 als unverwüstliches (und zudem sehr erschwingliches) Schülernotebook im Rahmen des gemeinnützigen Projekts „OLPC = One Laptop per Child“ entwickelt. Alle Schnittstellen konnten im Gerät verdeckt werden, Lüftungsschlitze wurden vermieden und das Gerät war auch bei 60⁰ Celsius noch lauffähig – also sogar geeignet für den Betrieb in Wüstengegenden. Selbst bei Stromausfall konnte die nötige Energie mit einer Handkurbel erzeugt werden. In Ländern wie Brasilien, Nigeria, Uruguay und Peru fand dieses Notebook gute Verbreitung. Hierzulande sind vergleichbare Geräte mit einer ähnlichen Robustheit kaum im Einsatz. Nennenswert ist allenfalls das „Chromebook“, das ohne Kabel und mit langer Akkulaufzeit die Software komplett in die Cloud verlagert. Allerdings ist kein Betrieb im Offline-Modus möglich.

Notwendig ist daher eine weitere Diskussion zwischen Schulen, Schulträgern, Wartungs- und Beratungseinrichtungen sowie Herstellern von Hard- und Software für Schulen.  Das Ziel muss sein, die „Störanfälligkeit“ im Unterricht zu minimieren. Um neue robustere Lösungen zu entwickeln, gilt es u.a. folgende Fragen zu klären:

  • Welche Technikprobleme tauchen im Schulalltag am häufigsten auf – und was sind die Ursachen?
  • Welche Rolle spielt hierbei die Usability von Benutzeroberflächen und Geräten – und welche die Medienbildung der Lehrenden?
  • Was können Hardware- und Software-Hersteller tun, damit ihre Produkte im Schulalltag schnell und zuverlässig eingesetzt werden können?
  • Gibt es weitere Lösungsvorschläge von der Anwenderseite?

Andere Branchen können hier durchaus Vorbild sein: Spielzeughersteller wie LEGO setzen schon lange auf kundengetriebene Innovation von Produkten und Services. Ein solcher systematischer Kundendialog sollte auch in der E-Learning-Branche selbstverständlich werden. Nur so lässt sich vermeiden, dass Lehrkräfte digitale Lernmedien weiterhin als unzuverlässig oder gar eine potentielle Gefahr für ihren Unterricht wahrnehmen.