Wenn die technische Ausstattung zu wünschen übrig lässt, sind kreative Lösungen gefragt. Im „Monitor Digitale Bildung“ wurden deshalb für die Bildungssektoren „Schule“, „Ausbildung“ und „Hochschule“ Fragen zum Thema „Bring your own device“ (BYOD) in Lehrveranstaltungen gestellt. Inwieweit ist es Lernenden erlaubt, ihre eigenen Mobilgeräte mit in den Unterricht zu bringen, um sie dort zum Lernen zu nutzen? Für Bildungsanbieter ist dies natürlich eine günstige Alternative, da sie die notwendigen Geräte dann nicht selbst beschaffen müssen und sich die Lernenden selbst um deren Funktionsfähigkeit kümmern. Doch es gibt auch eine lange Liste von Gegenargumenten zu diesem Konzept.

Die BYOD-Frage löst nicht nur Diskussionen in Fachkreisen aus. Längst hat das Thema auch die breite Öffentlichkeit erreicht und diese in Teilen polarisiert. Konsequenz: Der französische Präsident Emmanuel Macron beispielsweise ließ Handys und Smartphones an Schulen verbieten. In Bayern ist dies schon länger gesetzliche Grundlage, man prüft aber eine Lockerung des Verbots.

Motivierende Störfaktoren

Doch wie unterscheidet sich die generelle Einstellung des Lehrpersonals zu mobilen Endgeräten, wenn man Schule, Ausbildung und Hochschule miteinander vergleicht?

Wenn meine Schüler/Studierende mobile Geräte im Unterricht/meiner Lehrveranstaltung nutzen, …

Abb. 1: Frage an Lehrende: Wie bewerten Sie die folgenden Aussagen aufgrund Ihrer eigenen Erfahrung? (Angaben in %, Schule: n=529-533; Ausbildung, Berufsschule:  n=223-293; Hochschule: n=525-642). Zusammengefasst wurden die Bewertungen „stimme ich voll und ganz zu“ und „stimme ich eher zu“.

 

Die Antworten fallen in allen drei Sektoren janusköpfig aus. Viele Lehrende sehen einen Nutzen mobiler Endgeräte während einer Lehrveranstaltung – rund 60 Prozent in Schule und Hochschule, in der Berufsschule sogar 76 Prozent. Mehr als die Hälfte an Schulen und Berufsschulen erkennen auch einen positiven Motivationseffekt (für die Hochschulen wurde die Frage anders gestellt, weshalb die Antworten nicht vergleichbar sind). Gleichzeitig sind für fast zwei Drittel der Lehrkräfte an Hochschulen und Berufsschulen die Geräte Störquellen, da sie natürlich auch für private Zwecke genutzt werden können. In den Schulen sind zwar nur 40 Prozent der Lehrenden dieser Ansicht, was aber auch daran liegt, dass es dort zusätzlich die Möglichkeit gab, „kann ich nicht beurteilen“ (=17%) anzukreuzen. Der Unmut über die Störung und die Ablenkung durch Smartphones und Tablets ist allen in allen drei Sektoren etwa gleich hoch.

Interessant: Auf der Leitungsebene werden mobile Endgeräte seltener als „Störquelle“ betrachtet (Schule: 37%, Berufsschule: 47%, Hochschule: 38%). Dafür sehen Führungskräfte häufiger die positiven Effekte ihres Einsatzes in den Lehrveranstaltungen. Den Lehrenden muss man dabei natürlich zu Gute halten, dass sie die „Störquellen“ häufiger aus nächster Nähe erleben.

Punktuelle Erlaubnis als Standard

Was die konkrete Nutzung im Lehrkontext angeht, sind sich die Lehrenden aller drei Bildungssektoren weitgehend einig. Rund drei Viertel von ihnen lassen diese zu unterrichtsbezogenen Zwecken zu, verbieten aber die Nutzung zu privaten Zwecken. Gleichzeitig gilt gerade an vielen Schulen und Berufsschulen ein generelles Nutzungsverbot bzw. ein Verbot, das dort individuell durch die Lehrenden ausgesprochen wird.

Das bedeutet, dass an Schulen und Berufsschulen die gelebte Praxis sehr individuell von den Lehrerinnen und Lehrern abhängt. An Hochschulen wiederum sind generelle Verbote oder Verbote durch Lehrende seltener. Dies mag ein Indikator für mehr Eigenverantwortlichkeit der Studierenden sein, der von diesen erwartet wird.

Welche Konsequenzen ziehen die Lehrenden daraus? Erlauben sie die Nutzung privater mobiler Geräte?

Abb. 2: Frage: Wie gehen Sie damit um, wenn Studierende/Schüler ihre eigenen mobilen Geräte mit in die Veranstaltung/den Unterricht bringen? (Angaben in %, Schule: n=296-368; Ausbildung, Berufsschule:  n=194-199; Hochschule: n=600-631). Zusammengefasst wurden die Bewertungen „stimme ich voll und ganz zu“ und „stimme ich eher zu“.


Verbote und Erlaubnis aus Sicht der Lernenden

Diese tolerantere Haltung seitens der Hochschulen spiegelt sich auch in den Aussagen der Studierenden wider. 97 Prozent der Studierenden dürfen ihre mobilen Geräte in den Lehrveranstaltungen nutzen. Unter den Schülerinnen und Schülern geben mehr als zwei Drittel an, ihr Smartphone nicht nutzen zu dürfen. Bemerkenswert ist der große Unterschied zwischen Studierenden und Auszubildenden (62 Prozent mit Nutzungsverbot). Für beide Zielgruppen handelt es sich um eine Berufsqualifizierung nach Ende der Schulzeit, für viele nach dem Abitur. Nur werden die einen sehr restriktiv behandelt, die anderen hingegen dürfen eigenverantwortlich entscheiden. Hier sollten die Berufsschulen Mittel und Wege finden, schülereigene mobile Geräte sinnvoll in den Unterricht einzubinden.

Abb. 3: Frage: Darfst Du Deine eigenen Geräte, wie das Smartphone/Handy, mit in die Schule/Uni nehmen und im Unterricht / in Veranstaltungen nutzen? | Angaben in % | © mmb Institut GmbH 2017

 

Auch wenn die Nutzung privater (und damit unterschiedlicher) Endgeräte im Unterricht zweifellos keine optimale Lösung ist, scheint sie derzeit unumgänglich. Mobile Endgeräte gänzlich aus der Bildungspraxis zu verbannen, wäre jedenfalls fatal und würde die Schule zu einem analogen Kosmos machen, der sich von der digitalen Lebenswirklichkeit entkoppelt. Stattdessen sind alle Lehrenden und Lernenden gefragt, sich gemeinsam auf Regeln zu verständigen, damit Smartphone und Tablet ihr nützliches statt ihr störendes Potenzial beim Lernen entfalten können.

 

Die Ergebnisse aller Bildungssektoren im Vergleich finden Sie auf unserer Homepage.

Der Beitrag ist zuerst auf didacta Digital erschienen.