Die Studie „Jugend/YouTube/Kulturelle Bildung“ gibt Empfehlungen für Vermittler Kultureller Bildung inner- und außerhalb von Schule:

YouTube ist eine der beliebtesten digitalen Plattformen bei Jugendlichen – dass die Webvideoseite allerdings ein zentraler Kultur- und Bildungsort der Jugendlichen ist, zeigte im Juni 2019 erstmals die Studie „Jugend/YouTube/Kulturelle Bildung. Horizont 2019“ des Rates für Kulturelle Bildung. Der Aspekt, dass Jugendliche YouTube zum Lernen für schulische Belange nutzen, erfuhr bereits breite Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, nicht zuletzt durch den Monitor Digitale Bildung der Bertelsmann Stiftung. Die Studie des Rates für Kulturelle Bildung bietet zudem neben den allgemein lern- und schulbezogenen Erkenntnissen auch Einblicke, die für die außerschulische (Kulturelle) Bildung interessant und wichtig sind.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass sowohl Mädchen als auch Jungen berichten, von Tanz- und Musikvideos, Tutorials, Let´s-play-Videos etc. häufig zu kulturellen Aktivitäten angeregt zu werden. Die Aussagen der Jugendlichen weisen darauf hin, dass die YouTube-Videos ihre Neugierde wecken, sie begeistern, motivieren und sie in ihren ästhetischen Interessen unterstützen. Zudem haben sie den Eindruck, dass vieles von dem Gezeigten für sie machbar und leicht umzusetzen sei. Interessanterweise sieht dabei fast die Hälfte der Jugendlichen (noch) keinen Zusammenhang zwischen Musik-, Tanz- oder Jugendkunstschulen und den Angeboten auf YouTube. Wer das Gitarrenspiel mit YouTube-Videos lernt, tut dies eher zu Hause. Die Möglichkeit, Videos in den Bereichen Tanz/Choreographie, Design/Mode, Singen/Musizieren/Remixen und Zeichnen/Malen selbst zu erstellen und diese Interessen in außerschulischen Institutionen zu vertiefen, nimmt nur ein geringer Teil der Befragten wahr.

Die digitalen Interessen der Jugendlichen gezielt aufgreifen

Die Studie des Rates für Kulturelle Bildung gibt hier wichtige Impulse für  außerschulische Akteure: Das vorhandene Interesse am künstlerischen Tun sollten sie als Chance begreifen und dabei gezielt die digitalen Interessen der Jugendlichen aufgreifen, etwa durch die Thematisierung oder den professionellen Einsatz von digitalen Vermittlungsformen in diesen Lern- und Gestaltungsinteressen. Viele außerschulische Akteure wie beispielsweise Jugendkunstschulen verfügen bereits über fundierte Erfahrungen in der Medienpädagogik. Sie sind die Experten, wenn es um die Rezeption und Anwendung ästhetischer Prinzipien und Kompetenzen geht, die in einer durch digitale Medien geprägten Gesellschaft dringend gebraucht werden. Das ist insofern von Bedeutung, weil sich 60 Prozent der befragten Jugendlichen eine kritische Auseinandersetzung mit der Plattform YouTube und über die Hälfte mehr Unterstützung bei der Erstellung von Webvideos wünschen. Gerade produktive Prozesse, wie sie in der außerschulischen kulturellen Kinder- und Jugendbildung Standard sind, können durch eine intensive Auseinandersetzung mit Form und Inhalt eine kritisch-reflexive Haltung und einen aufgeklärten Umgang mit dem Medium herstellen. Eigenproduktionen von Webvideos, das Erlernen ästhetischer Gestaltungsprinzipien, der eigenhändige Einsatz von Beleuchtung, Kamera, Mikrofon und in der Postproduktion von Schnitten, Vertonung, digitaler Bildbearbeitung und Filtern lässt junge Menschen begreifen, was es heißt, Inhalte und Botschaften herzustellen, aber auch zu manipulieren.

Mit einem „Kulturdigitalpakt“ außerschulische Ausstattung und Qualifizierung fördern

Um diese pädagogischen Konzepte qualifiziert entwickeln und bereitstellen zu können, bedarf es auch für Kulturvermittler der Möglichkeiten zur Weiterbildung. Sie brauchen nicht nur ein fundiertes Anwendungswissen der aktuellen technischen Voraussetzungen und Potenziale, sondern auch Ideen und Inspiration, analoge und digitale Formen sinnvoll zu verknüpfen. Deshalb sollten jenseits von Schulen auch Kulturakteure Unterstützung bei der Digitalisierung erhalten. Ein „Kulturdigitalpakt“ hieße Förderung der technischen Ausstattung und Wartung sowie Optionen zur Weiterqualifizierung und Erprobung neuer Konzepte.

Digitalisierung beschreibt einen grundlegenden kulturellen Wandel, der nur durch kulturelle und ästhetische Kompetenzen versteh- und gestaltbar wird. Die Studie des Rates für Kulturelle Bildung appelliert an die Kulturvermittler und in den Schulen besonders an die Kunst- und Musiklehrer, ihr ästhetisches Wissen und Können in den digitalen Wandlungsprozess einzubringen – zur Stärkung künstlerischer Bildung und zur Unterstützung eines reflexiven Umgangs von Jugendlichen mit Phänomenen der Digitalisierung.

Die Studie „Jugend/YouTube/Kulturelle Bildung. Horizont 2019“ ist eine repräsentative Umfrage unter 12- bis 19-Jährigen zur Nutzung kultureller Bildungsangebote an digitalen Kulturorten. Sie wurde vom unabhängigen Expertengremium Rat für Kulturelle Bildung konzipiert und begleitet. Die Durchführung lag beim IFAK Institut GmbH & Co. KG, Taunusstein. Ermöglicht wurde die Studie durch Mittel des Stiftungsverbundes Rat für Kulturelle Bildung e. V. sowie durch eine zusätzliche Förderung der Deutsche Bank Stiftung, der PwC-Stiftung, der Robert Bosch Stiftung GmbH und der Stiftung Mercator.