In einer immer komplexer werdenden Welt spielen Future Skills eine entscheidende Rolle, um Veränderungen aktiv zu gestalten. Der Arbeitsmarkt hat das erkannt und fordert von zukünftigen Mitarbeiter:innen immer mehr Zukunftskompetenzen wie Anpassungsfähigkeit, kritisches Denken und Einfühlungsvermögen. Das ist auch für Jugendliche relevant, die sich bereits in der Schule beruflich orientieren oder sich im Übergang zwischen Schule und Beruf befinden. Welcher Beruf passt zum eigenen Kompetenzprofil, zu den persönlichen Stärken und Interessen und wo ermöglicht die Berufswelt jungen Menschen die Aus- und Weiterbildung wichtiger Zukunftskompetenzen? Stellenanzeigen können relevante Hinweise auf Kompetenzen geben, die auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden. Die Studie „Kompetenzen für morgen“ der Bertelsmann Stiftung hat vor diesem Hintergrund rund 47 Millionen Online-Stellenanzeigen des Jobmonitors ausgewertet. In diesem Blogbeitrag stellen wir die wichtigsten Ergebnisse kompakt vor. Im Fokus der Analyse standen zwei Fragen:  

  1. Inwiefern werden Future Skills schon heute verstärkt in Online-Stellenanzeigen nachgefragt? 
  2. Unterscheidet sich die Nachfrage nach Future Skills je nach beruflichem Anforderungsniveau oder nach Berufsgruppen? 

Hintergrund zur Studie „Kompetenzen für morgen“ 

Ziel der Studie war es, die Aussagen zur Bedeutung bestimmter Future Skills in der Literatur mit der aktuellen Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt abzugleichen. Als Referenzbasis für die Arbeitsmarktnachfrage diente eine Stichprobe von 47 Millionen Online-Stellenanzeigen. Auch wenn Online-Stellenanzeigen nicht das gesamte Arbeitsmarktgeschehen abbilden, stellen sie doch eine aussagekräftige Datenbasis dar (vgl. Noack et al. 2022).  

Wie wurde die Analyse durchgeführt? Für die Studie wurden zunächst 19 Literaturquellen auf die Nennung spezifischer Future Skills untersucht. Anschließend wurden rund 47 Millionen Online-Stellenanzeigen der Jahre 2019 bis 2023 dahingehend ausgewertet, wie schnell und wie stark die Nachfrage nach diesen Future Skills sowie nach weiteren Soft Skills über den Fünfjahreszeitraum gewachsen ist. Die Analyse verwendet einen Algorithmus zur Extraktion überfachlicher Kompetenzen auf Basis einer adaptierten Version der Europäischen Kompetenztaxonomie ESCO (vgl. Abb. 1). In der Studie betrachten wir 19 verschiedene Future Skills und deren Nachfragewachstum seit 2019 im Detail anhand von zwei Indikatoren: 1. Stärke des Wachstums in Prozentpunkten und 2. Schnelligkeit des Wachstums in Prozent. 

 

 

Überfachliche Kompetenzen werden immer häufiger von Unternehmen nachgefragt 

Die Analyse der Stellenanzeigen zeigt einen Anstieg von über 10 Prozent bei der Zahl der gesuchten überfachlichen Kompetenzen – von durchschnittlich 6,32 pro Stellenanzeige im Jahr 2019 auf 7,04 im Jahr 2023. In vier von fünf Stellenanzeigen wird im Jahr 2023 mindestens eine Selbstmanagement-Kompetenz wie Selbstständigkeit oder Anpassungsfähigkeit gesucht, in drei von vier Stellenanzeigen mindestens eine soziale Kompetenz wie Einfühlungsvermögen oder Teamfähigkeit. Aber auch kognitive Kompetenzen wie kritisches oder kreatives Denken werden in jeder zweiten Stellenanzeige gesucht. 

Die Ergebnisse zeigen: Einsatzbereitschaft ist der am häufigsten nachgefragte Future Skill in Stellenanzeigen und wird 2023 in über der Hälfte der Ausschreibungen gefordert (siehe prozentualer Anteil im Kreis) – gleichzeitig wächst die Nachfrage nach Einsatzbereitschaft überdurchschnittlich stark. Arbeitgeber:innen haben erkannt, wie wichtig Future Skills schon heute für den Erfolg ihres Unternehmens sind, denn insgesamt nimmt die Nachfrage nach den meisten Future Skills deutlich stärker zu als die nach anderen überfachlichen Kompetenzen. 

Die Future-Skills-Debatte dreht sich jedoch hauptsächlich um Kompetenzen, die für eine volatilere und digitalere Arbeitswelt nötig sind. „Klassische“ Arbeitsmarkttugenden geraten dabei teilweise aus dem Blick, obwohl auch sie für eine erfolgreiche und produktive Zukunft zunehmend bedeutsam sind. Drei davon stechen durch ihre Häufigkeit und ihr starkes Nachfrage-Wachstum besonders hervor: Deutschkenntnisse, Verlässlichkeit und Sorgfalt. 

Unterschiedliche Future Skills im Fokus je nach Anforderungsniveau 

Die Studie zeigt auch, dass die Nachfrage nach Future Skills mit dem Anforderungsniveau steigt. Bei Hilfskräften werden durchschnittlich fünf überfachliche Kompetenzen gefordert, bei Expert:innen hingegen acht. Anpassungsfähigkeit ist eine Schlüsselkompetenz, die vor allem bei Hilfskräften nachgefragt wird. Kritisches Denken wird besonders von Spezialist:innen und Expert:innen erwartet, um mit Herausforderungen wie der steigenden Informationsflut und zunehmender Desinformation umzugehen. 

Einfühlungsvermögen gewinnt vor allem bei Expert:innen an Bedeutung und verzeichnet dort ein Wachstum von 76 Prozent. Dies spiegelt den kulturellen Wandel hin zu einem wertschätzenderen Führungsstil wider. Traditionellere Soft Skills wie Verlässlichkeit und Sorgfalt haben insbesondere bei Hilfs- und Fachkräften eine große und steigende Bedeutung. Die Nachfrage nach Verlässlichkeit stieg beispielsweise bei Hilfskräften von 35 Prozent der Stellen in 2019 auf 42 Prozent in 2023. Sorgfalt wurde in 2019 in 12 Prozent der Fachkraftstellen gesucht, in 2023 waren es schon 17 Prozent, ein Anstieg um knapp 40 Prozent. 

Future Skills sind für die Gesellschaft bedeutsam 

Future Skills stärken die Resilienz und helfen, lösungsorientiert auf neue Herausforderungen zu reagieren. Sie sind entscheidend für den Erfolg von Unternehmen und die persönliche Entwicklung. Zentral bleibt daher die Frage, wie junge Menschen als Berufseinsteiger:innen, aber auch Erwerbsfähige nach ihrer beruflichen Ausbildung Future Skills erlernen und entwickeln können. Das Arbeitsumfeld ist für Beschäftigte dabei ein relevantes Lernsetting. Es bietet kontextualisierte und situative Lernsituationen, die für die Entwicklung von Future Skills besonders förderlich sind. Voraussetzung ist, dass Unternehmen die richtigen Rahmenbedingungen dafür schaffen – sei es durch die regelmäßige und gemeinsame Identifizierung von Entwicklungsmöglichkeiten der Beschäftigten, durch Zeit und Angebote für eine flexible Weiterbildung oder durch informelle Lernformate wie kollegiale Beratung, Arbeitskreise und Reviews. Um Future Skills ein (Erwerbs-)Leben lang erlernen und entwickeln zu können, brauchen Beschäftigte das richtige Mindset und Arbeitgeber:innen eine entsprechende, zukunftsweisende Unternehmenskultur. Dass der Bedarf nach Future Skills da ist und sich in Zukunft noch stärker entwickeln könnte, zeigt unsere Studie schon jetzt. Uns ist es dabei besonders wichtig, dass Future Skills ganzheitlich im gesamten Bildungssystem stärker in den Fokus genommen werden. Akteure der verschiedenen Bildungsbereiche sollten sich gezielter zusammensetzen und gemeinsam Möglichkeiten erarbeiten, wie Menschen Future Skills erwerben und entwickeln können. Diese Frage stellt sich z.B. auch für den Schulkontext: Haben junge Menschen die Chance, zukunftsrelevante Kompetenzen in schulischen Lernumgebungen zu erlernen und diese auszubauen? Wer unterstützt Schüler:innen dabei?  

Wie muss Bildung zukünftig gestaltet werden, um Future Skills nachhaltig und lebenslang zu fördern? Das ist daher die zentrale Frage des Future Skills Summits 2025, die erstmalig gemeinsam mit Expert:innen sämtlicher Bildungsbereiche diskutiert wird – von der frühkindlichen Bildung, über die schulische und Hochschul-Bildung bis hin zur beruflichen Aus- und Weiterbildung. Auch der Arbeitsmarkt wird durch das Thema Gründung und Beschäftigung berücksichtigt. Der Future Skills Summit ist eine Veranstaltung der Bertelsmann Stiftung zusammen mit dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung und findet am 11. und 12. März 2025 in Berlin statt.  

 


Literaturhinweise 

Noack, M., Ziegler, M., und Müller, J. (2022). Kompetenzwandel in Krisenzeiten – Welche Soft Skills jetzt zählen. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh. https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/220927_BSTStudie_Kompetenzwandel-in-Krisenzeiten_ID1585_screen_FINAL.pdf (letzter Zugriff am 15.07.2024) 

 

Ursprünglicher Beitrag auf dem Blog Berufswelten: Future Skills: Welche Kompetenzen von morgen jetzt entscheidend sind – Blog Berufswelten