Dieser Beitrag wurde verfasst von: Esther Hoffmann.
In der Schule ist Social Media meist noch ein Randthema. Die Nutzung von Facebook & Co wird häufig untersagt, zu groß ist die Angst vor Kontrollverlust (vgl. c’t-Artikel von Jöran Muus-Merholz und Youtube-Video von Felix Schaumburg). Auf dem EduCamp Ilmenau wurden hingegen neben den Risiken und Gefahren auch die Vorteile und Möglichkeiten diskutiert.

Alle bloggen, sharen und liken. Das Internet und seine mannigfaltigen Möglichkeiten sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Gerade bei Jugendlichen sind die sozialen Netzwerke extrem populär, vgl. die Ergebnisse der aktuellen JIM-Studie, nach der 40 Prozent der Jugendlichen regelmäßig mit dem Handy ins Internet gehen. Auch Lehrkräfte gelten als internet-affin, doch von den Möglichkeiten des Web 2.0 ist in der Schule bislang noch nicht viel angekommen. Laut Bitkom-Studie 2011 und PISA 2009 nutzen sowohl Lehrkräfte als auch Schüler Computer in der Unterrichtszeit unterdurchschnittlich oft, obwohl 95% der Schulen in Deutschland mit Computern und Internet versorgt sind. Woran hakt es also noch?
Auf dem Educamp in Ilmenau habe ich einige computeraffine Lehrer getroffen, in deren Unterricht die neuen Medien schon längst Einzug gehalten haben. Beim Gespräch wird deutlich: Internet und Social Media sind kein Selbstzweck. Wer denkt, Lehrkräfte hätten damit automatisch den goldenen Weg zu einer partizipativeren, schülerorientierteren Lernkultur gefunden und wären am Ende angelangt, der täuscht sich. Auch die Lehrer auf dem Educamp befinden sich noch im Prozess des Ausprobierens, Entdeckens und Austauschens. Einer davon ist Norbert aus Hamburg. Er hat die „Unkonferenz“ in Ilmenau genutzt, um neue Impulse zu bekommen. In einem Interview berichtet er mir, warum er als Lehrer Organisatorisches am liebsten über Facebook regelt, was nützlich an der  virtuellen Plattform SchulCommSy Hamburg ist und warum der Einsatz von neuen Medien seiner Meinung nach die Eigenverantwortung von Schülern trainiert.

Besonders Lehrer 50+ tun sich schwer mit Computer und Internet
Generell sind Lehrer noch unzufrieden, sowohl mit den technischen Voraussetzungen an ihren Schulen, den Qualifizierungsangeboten, den Lernmaterialien als auch der Berücksichtigung von computergestütztem Lernen im Curriculum, so die oben bereits erwähnte Bitkom-Studie. Besonders Lehrkräfte über 50 Jahren integrieren Computer und Internet laut dieser Studie noch selten in ihren Unterricht. Dabei braucht es nicht viel, um die – im Grunde gar nicht mehr so „neuen“ – Medien sinnvoll zu nutzen: Eine andere Lehrerin, die ich auf dem EduCamp traf, organisierte z.B. einen Computer mit Internetverbindung, eine Webcam und ein Konferenzmikrofon und holte so einen buddhistischen Mönch virtuell in den (Religions-)Unterricht, dem die Schüler dann live und in Farbe Fragen stellen konnten. Den Kontakt hatte sie im Vorhinein über das World Wide Web hergestellt. Das hat die Schüler sehr beeindruckt und motiviert, berichtete sie.
Bewusstsein in der Web-Nutzung als Teil des Curriculums
Jüngere Lehrer tun sich nachweislich leichter, auch wenn sie selbst keine „digital Natives“ sind. Andreas Kalt ist einer, der schon viel experimentiert hat und seine Erfahrung – ganz im Sinne des Web 2.0 – im Internet teilt. Auf seinem Blog berichtet er über die Einführung eines Kurswiki in seinem Geographie-Kurs. Das Wiki löst die herkömmlichen Schulhefte ab, indem die Kursteilnehmer den Lernstoff durch Texte, Zeichnungen, Bilder etc. auf einer Website strukturieren. Dass das Wiki ausschließlich für die Kursteilnehmer zugänglich ist, ist durchaus sinnvoll, denn die Frage von Urheberrecht ist komplex und muss vom Lehrer immer mitgedacht werden. Beim Arbeiten mit dem Internet sind das Aufklären über seine Gefahren und der bewusste Umgang mit den eigenen Daten eine wichtige Aufgabe von Lehrkräften und gehören somit auch ins Schulcurriculum. Besonders die Schüler, die sich ihre Computerkenntnisse im Regelfall autodidaktisch angeeignet haben, wissen oft nicht, wie sie sich im Netz ausreichend schützen können. Eine Plattform wie Schulcommsy Hamburg ist da Gold wert (s. Video).
Virtuelle Öffentlichkeit gekonnt nutzen
Andererseits muss man auch die Öffentlichkeit zu nutzen wissen. Ein beliebtes Projekt, das fächerübergreifend Kompetenzen trainiert, ist das der Schülerblogs. Auch Schüler von Andreas Kalt haben wirklich lesenswerte Beiträge auf ihren Blogs veröffentlicht. Der bloggende Schüler vinitor findet passende Worte, um einen Vorteil von der Öffnung von Blogs für die Allgemeinheit zu beschreiben:
„Die Veröffentlichung von Arbeiten gibt mir das Gefühl ich tue die Arbeit nicht nur für den Lehrer, sondern auch ein Stück für die Allgemeinheit. Meine Texte werden nicht nur einmal vom Lehrer gelesen, benotet und dann von mir in den Müll geschmissen. Das Internet bietet die Möglichkeit meine Texte für alle les, und brauchbar zu machen. Abrufbar für den der sie braucht.“
Die Einzelbeispiele zeigen, wie bereichernd das Internet im Unterricht sein kann, aber auch, wie wichtig die Rolle des Lehrers als Begleiter dabei ist. Es braucht eine gewisse Affinität zum Internet, Eigeninitiative und Geduld, sonst holt man doch lieber den Overheadprojektor raus.