Dieser Beitrag wurde verfasst von: Mara Guesnet.

„Die Lerngruppe ist sehr heterogen“. Wie oft habe ich in meinem Referendariat diesen Satz wohl geschrieben, um meinen Ausbildern die jeweils „vorgeführte“ Lerngruppe zu charakterisieren? Sicherlich ein Dutzend Mal, genauso wie meine damaligen Referendars-Kollegen, ganz egal an welcher Schulform sie unterrichteten.
Dass Lerngruppen im Allgemeinen heterogen sind, darüber ist man sich also schon mal einig. Worin diese Heterogenität genau besteht und wie man sinnvoll mit ihr umgeht, das ist dann wiederum eine andere Frage. Führt man sich die möglichen Dimensionen der Vielfalt und ihr Zusammenspiel in einem Klassenzimmer vor Augen, bietet sich ein buntes Bild:

Heterogenität im Klassenzimmer
Heterogenität im Klassenzimmer

Angesichts eines solchen Kaleidoskops der Vielfalt sind unterschiedliche Reaktionen möglich und verständlich: Freude über so viele unterschiedliche Talente, Sichtweisen, Interessen, Fähigkeiten und Lernmöglichkeiten mischt sich vielleicht mit Respekt vor der Aufgabe, diesen unterschiedlichen Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden.
Ob uns diese Aufgabe gelingt, ist  tatsächlich entscheidend für die Zukunft. Denn gute Bildung ist der Schlüssel für ein eigenverantwortliches, sinnerfülltes Leben und Teilhabe in der Gesellschaft. Diese Chance jedem Einzelnen zu geben, unabhängig davon, an welcher Stelle des „Kaleidoskops der Vielfalt“ er sich befindet, sollte in einer demokratischen Gesellschaft selbstverständlich und einforderbar sein.
Wie kann diese anspruchsvolle Aufgabe bewältigt werden?

  • Gemeinsam statt einsam: In Lehrerteams können Lehrer ihre Erfahrungen austauschen und reflektieren, sich gegenseitig bei der Verbesserung ihres Unterrichts unterstützen, Maßnahmen für besondere Förderbedarfe absprechen und aufwendigere Unterrichtsmethoden arbeitsteilig vorbereiten.
  • Interessen, Potentiale und Probleme erkennen (Diagnostik): Was muss ich wissen und tun, damit SchülerInnen ihren Potenzialen gemäß erfolgreich lernen können?
  • Eine Unterrichtsgestaltung, die den Schüler mit seinen Potenzialen in den Mittelpunktdarauf stellt, z.B. durch das Schaffen einer reichen Lernumgebung, durch die Selbststeuerung der Lernprozesse durch die Schüler und durch offene Unterrichtsformen wie das Projektlernen.
  • Schüler lernen von Schülern: Kooperative Lernformen sind geeignet, leistungsschwächere Schüler bei Lernschwierigkeiten zu unterstützen und leistungsstärkere Schüler zur Reorganisation ihres Wissen zu motivieren.
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Ganz sicher gibt es weitere Maßnahmen, Methoden, Strategien, um auf die Vielfalt im Klassenzimmer einzugehen und jeden Einzelnen zu fördern und zu fordern. Über konstruktive Hinweise und Ergänzungen – z.B. in Form von Kommentaren auf diesen Blogbeitrag – würde ich mich auf jeden Fall sehr freuen.
Um abschließend noch einmal auf die vielen „heterogenen Lerngruppen“ in den Unterrichtsplänen der Referendare zurückzukommen: Anstatt mantra-artig zu wiederholen, dass „die Lerngruppe sehr heterogen“ sei, wäre es angesichts der Vielfalt in allen Klassenzimmern viel folgerichtiger zu schreiben „Die Lerngruppe ist eine ganz normale Klasse“. Denn Heterogenität ist Normalität, und ein wertschätzender und lernförderlicher Umgang mit ihr sollte auf absehbare Zeit ebenso normal sein.