Dieser Beitrag wurde verfasst von: Diana Götze.

Teilnahmebedingungen, Tagesordnungen oder Anmeldegebühren kennt dieses Format nicht. Jeder ist beim EduCamp willkommen, seine Erfahrungen, Ideen und Fragen rund um das  Lehren und Lernen mit neuen Medien zu teilen. So kommen seit 2008 zweimal jährlich Interessierte mit den unterschiedlichsten beruflichen Hintergründen und individuellen Interessenslagen zusammen, um sich zu medienpädagogischen Fragestellungen auszutauschen und zu vernetzen, zuletzt vom 11. Bis zum 13. April 2014 in Frankfurt am Main über 100 Personen.
Zum Auftakt des EduCamps in der Freiherr-vom-Stein-Schule wurden den Teilnehmenden zwei Projekte vorgestellt, die sich mit der Mediennutzung in Schulen und dem Konzept des Peer-Learning beschäftigen.
Peer-Learning: Digitale Helden
Florian Borns berichtete von der Pilotphase des Peer-Learning Projekts Digitale Helden. Seit 2013 wurden an fünf Frankfurter Schulen einzelne Schülerinnen und Schüler der 7.-9. Jahrgangsstufe in Praxisworkshops und Online-Schulungen zu Online-Coaches („Digitalen Helden“) ausgebildet, um dann ihr Wissen und ihre Fähigkeiten für die Konfliktlösung z.B. in Cybermobbing-Fällen zu nutzen. Dabei nehmen sie die Rolle eines neutralen Beraters ein. Sie sensibilisieren und unterstützen die Schülerinnen und Schüler der sechsten Jahrgangsstufe durch Vorträge und Beratungsangebote und bilden die nächste Generation der „Digitalen Helden“ selbst aus. Auch Eltern können diese Angebote nutzen.
Sowohl der Projektverantwortliche Florian Borns als auch ein anwesender „Digitaler Held“ berichteten über bisher sehr positive Erfahrungen. Allerdings sei der regelmäßige Austausch zwischen Lehrpersonen, Schülerinnen und Schülern, den „Digitalen Helden“ und der Elternschaft noch ausbaufähig.
MoLe – Mobiles Lernen in Hessen
Während sich die „Digitalen Helden“ auf Sicherheit im Netz als Komponente der Medienkompetenz konzentrieren, zielt das Projekt MoLe (Mobiles Lernen) Hessen auf die didaktische Bereicherung des Unterrichts durch digitale Medien ab.
Das Interesse an solchen Angeboten sei enorm gestiegen, auch im Primarbereich, so Dr. Alexander Tillmann von der Goethe Universität Frankfurt. Im Fokus von MoLe stünden dabei nicht Endgeräte, LAN-Technik und Software. Vielmehr gehe es darum, alle Akteure der beteiligten Institutionen an einen Tisch zu holen und eine lernwirksame und langfristige Implementation von digitalen Medien in den Unterricht zu probieren, zu reflektieren und zu evaluieren.
Auch wenn die (fragebogenbasierte und derzeit noch ausschließlich auf Selbst- und Fremdwahrnehmung ausgerichtete) Evaluation prozessbegleitend sei, und somit noch am Anfang stehe, könnten bereits einige interessante Erkenntnisse für die weitere Arbeit in den teilnehmenden Schulen und für die wissenschaftliche Begleitung, gewonnen werden.
Für die wissenschaftliche Begleitung stellte sich z.B. heraus, dass insbesondere die Fragebögen, die im Rahmen der Evaluation zum Einsatz kamen, angepasst werden müssten, da die Schülerinnen und Schüler Fragen teilweise nicht verstanden oder die Pole von Skalen vertauscht hätten.
Für die Praxis in den Schulen sei vor allem interessant, dass sich die Erwartungen und Einstellungen von Eltern teilweise stark von denen der Lehrkräfte unterschieden. So sähen Eltern die Aufgabe der Erziehung zum verantwortungsvollen Umgang mit Medien sowohl bei der Schule, als auch bei sich selbst. Die Lehrkräfte hingegen sähen diese Erziehungsaufgabe klar in der Verantwortung der Eltern. Daraus ergäben sich wichtige Hinweise für die weitere Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Eltern. Eine Zusammenfassung der vorläufigen Ergebnisse gibt es hier: http://www.medienhaus-frankfurt.de/MOLE/wp-content/uploads/2014/04/Folien_Evaluation3.pdf
Einblicke in die Unterrichtspraxis

Schulleiterinnen Judith Lehnert und Miriam Hornig
(v.l.) Judith Lehnert und Miriam Hornig

Wie diese Lösungen aussehen können, zeigten die Schulleiterin Miriam Hornig (Schule am Eschilishov, Limburg an der Lahn) und die Pädagogische Leiterin Judith Lehnert (Freiherr-vom-Stein-Schule, Dauborn).
Zu Beginn ihres Beitrags statteten sie die Anwesenden mit iPads und Klanghölzern aus, um ein klassisches Musikstück mit digitalen und analogen Schlaginstrumenten zu begleiten. So konnten die Teilnehmenden hautnah erleben, wie der Einsatz digitaler Medien in der Schule gleichzeitig Spaß machen und pädagogisch sinnvoll sein kann.
Nicht nur für den Musikunterricht fänden sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten für Geräte und Software; Ein Beispiel aus der Mathematik: Schülerinnen und Schüler wurden mit ihren Tablets auf den Schulhof geschickt, um bildliche Entsprechungen des kleinen Einmaleins zu fotografieren – Mathematik ist nicht nur im Schulbuch, sie ist überall um uns herum.
Selbst im Sportunterricht seien die Geräte sinnvoll nutzbar, z.B. wenn die Schülerinnen und Schüler ihre Bewegungen filmten, um diese danach reflektieren und verbessern zu können.

Arbeitsergebnis von Schülerinnen und Schülern zeigt: Das Einmaleins ist überall.
Arbeitsergebnis von Schülerinnen und Schülern zeigt: Das Einmaleins ist überall.

Vorteile der Nutzung von Tablets im Unterricht sahen die Schulleiterin und die pädagogische Leiterin vor allem in der schnellen und breiten Präsentation von Arbeitsergebnissen, der foto- und videografischen Dokumentation von Arbeitsschritten zu jeder Zeit an jedem Ort und darin, dass die iPads die Schülerinnen und Schüler positiv motivierten. Die Begeisterung für die Geräte sei bei Lernenden und Lehrenden nach wie vor ungebrochen, so Miriam Hornig.
Als Stolpersteine für eine reibungslose und sinnvolle Nutzung von Tablets in der Schule nannten Judith Lehnert und Miriam Hornig die Skepsis von Kolleginnen und Kollegen wegen potenzieller Mehrarbeit und Vorbehalte der Eltern mit Blick auf die Gefahren, die das Internet für Kinder bergen kann.
Die großen Klassen in der Grundschule, die Empfindlichkeit der Geräte und die erforderliche technische Infrastruktur seien weitere mögliche, aber überwindbare Hindernisse auf dem Weg zu einem didaktisch wertvollen Einsatz digitaler Medien in Form von Tablets im Unterricht.
Einen Vorgeschmack auf das EduCamp am nächsten Tag bekamen die Teilnehmenden, als im Anschluss an die Impulsvorträge die ersten Sessions auf dem Programm standen: 45-minütige Arbeitseinheiten zu einem bestimmten Thema oder einer bestimmten Fragestellung, die von den Teilnehmenden selbst spontan angeboten und organisiert werden – sie bilden den Kern des Bar-Camp-Konzepts.

Reges Interesse an den Sessions.
Reges Interesse an den Sessions.

Die Gruppe „Smarte Hacks fürs Klassenzimmer“ suchte beispielsweise nach Möglichkeiten der schnellen digitalen Präsentation von Schülerergebnissen und probierte mitgebrachte Hard- und Software aus.
Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit Quizapps und erstellte eine Fragesequenz zum Gebrauch des „Passive“ im Englischunterricht, die an die beliebte TV-Sendung „Wer wird Millionär?“ erinnerte. Als größten Vorteil der Anwendung sahen die Session-Teilnehmer, falsche Antworten konstruieren zu müssen, denn so würden Lehrpersonen automatisch über Fehlkonzepte von Schülerinnen und Schülern nachdenken. Oft verliere man im Lehreralltag diese wichtige Komponente für Unterrichtsentwicklung und individuelle Förderung aus dem Blick.
Anlass zu einer angeregten Diskussion gaben die Ergebnisse einer Session, die sich mit dem Programm „Online-Diagnose“ des Schulbuchverlags Schroedel beschäftigt hatte. Die Gruppe kam zu dem Fazit, dass sich das Programm eignen könne, Lernausgangslagen von Schülerinnen und Schülern schnell und angepasst an die bundeslandspezifischen Kerncurricula zu erheben. Die Aufgaben schienen einen angemessenen Schwierigkeitsgrad zu haben und die Bedienung sei besonders in der Schüleransicht intuitiv und einfach.
Skeptisch sei dennoch die Tatsache zu werten, dass ein Verlag dieses Tool gegebenenfalls dazu nutzen könne, seine Schulbücher zu vermarkten. Zwar sei das Programm nicht zwingend an ein Lehrbuch gebunden, einige der Funktionen könnten aber in der schulbuchungebundenen Version begrenzt sein. Es lohne sich dennoch, dieses Programm einmal intensiver anzuschauen.
Bildungsäppler trifft auf EduCamp

Tolle Stimmung am Ende des ersten Tages des EduCamp 2014.
Tolle Stimmung am Ende des ersten Tages des EduCamp 2014.

Seinen Abschluss fand dieser anregende Tag in einer urigen Frankfurter Äppelwoi-Kneipe. Initiator Torsten Larbig bringt auf den Punkt, worum es beim sogenannten „Bildungsäppler“ geht: „Eingeladen sind alle, die über Bildung nachdenken, diskutieren und publizieren oder einfach Lust haben, mit Menschen in persönlichen Austausch zu treten, die sich mit Fragen der Bildung im Internet (oder in digitalen Lernumgebungen oder… oder…) befassen.“
Dank an alle, die das so engagiert getan haben!
Der Bericht über das Frankfurter EduCamp folgt in Kürze – ebenfalls an dieser Stelle.

Weiterführende Links:
http://educamp.mixxt.de/
Schule@Zukunft ist eine Medieninitiative des Landes Hessen  http://www.schuleundzukunft.de/