Frontalunterricht hier, projektorientiertes Lernen dort: Lehrende setzen je nach Bildungssektor unterschiedliche Lernkonzepte ein. Vier digitale Lernwelten mit unterschiedlichen didaktischen Schwerpunkten stellen wir hier einmal in der vergleichenden Analyse vor.

Im Monitor Digitale Bildung haben wir alle Lehrenden danach gefragt, welche digitalen, didaktischen Konzepte sie im Unterricht einsetzen. Jede Lerninstitution hat ihre eigene Zielgruppe mit unterschiedlichem Vorwissen und divergierenden Lernbedürfnissen. So sind an Schulen die Lernenden jung und lernen als „Vollzeitlerner“ die Basics verschiedener Fächer. In der Weiterbildung sind die Lernenden älter, haben bereits vielfältige Erfahrungen – und Lernen ist eher ein „Nebenjob“.

Wenn wir nun einen Vergleich „zwischen den Welten“ ziehen wollen, ist dies deshalb nicht 1:1 möglich. Die didaktischen Konzepte an Schulen, in der Ausbildung, in der Hochschule und in Institutionen der Weiterbildung unterscheiden sich aus gutem Grund voneinander. Deshalb wurde das Lehrpersonal an Schulen und Berufsschulen beispielsweise nicht nach „Blended Learning“ gefragt. Blended Learning sieht immer vor, dass ein Teil des Lernens selbstgesteuert zu Hause stattfindet – in der Schule eher unüblich. Und Hochschullehrende wurden nicht nach Konzepten wie „Stationenlernen“ gefragt, das in seinem Ansatz nicht der Idee der Hochschullehre entspricht, sich aber durchaus an Schulen findet.

Um überhaupt vergleichen zu können, haben wir verschiedene Lernkonzepte zu Gruppen zusammengefasst: „Zentralistisches Lernkonzept“, „Gruppenprozessorientierung“, „individualisiertes Lernen“, „ausgelagertes Lernen“ (z.B. Flipped Classroom) und „Projektlernen“. So ließen sich die Lernkonzepte besser vergleichen. Alle Monitor-Berichte haben gezeigt, dass „Frontallernen“ immer noch in den Lehrveranstaltungen aller Bildungssektoren dominiert und digitale Lernformen wie „PowerPoint-Präsentation mit Beamer“ oder „Handouts als pdf“ nur eine Verlängerung der alten Lernkonzepte sind. Individualisiertes Lernen mit eigener Internetrecherche oder Lernspielen bieten hingegen deutlich mehr Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten beim Lernen.

Abbildung 1 zeigt als Spinnennetzdiagramm, welche vergleichbaren digitalen Lernkonzepte „sehr häufig“ von den Lehrenden eingesetzt werden.

Lehrende: Welche Lernformen setzen sie häufig ein?

 

mmb Institut GmbH 2018

Abbildung 1: Frage:  In welchem Rahmen setzen Sie digitale Medien in Ihrem Unterricht/Ihren Veranstaltungen ein?  Werte für „sehr häufig“ | Ausbildung:  n = 263-266; Hochschule:  n=645-662; Schule: n= n=530-539; Weiterbildung: n= n=251-258  | Angaben in % | © mmb Institut GmbH 2018

Im Fall von „Lernplattform“, „Blended Learning“ und „Kreatives Arbeiten“ fehlen Angaben von jeweils zwei Sektoren, weil – wie Vorgespräche ergeben haben – diese Formen kaum eine Rolle spielen. Für diese Lernformen ist der Vergleich nur eingeschränkt möglich. In einem anderen Fall („Recherche im Internet“ an Hochschulen) ist diese Lernform so selbstverständlich, dass wir nicht danach gefragt haben.

Die grundsätzliche Erkenntnis des Vergleichs ist, dass digitales Lernen kein selbstverständlicher Bestandteil der meisten Lehrveranstaltungen ist, egal in welchem Bildungssektor. In keinem Fall wird ein didaktisches Konzept von mehr als 60 Prozent der Lehrenden „sehr häufig“ eingesetzt. An Hochschulen sind zumindest die „frontalen“ digitalen Konzepte noch am stärksten verbreitet: Lernvideos, Powerpoint-Vorträge und pdf-Dokumente gehören für viele Hochschuldozenten einfach dazu. Im deutlich geringeren Maß ist dies auch in den Institutionen der Weiterbildung der Fall.

Die Werte für Schulen und Berufsschulen liegen generell nur bei rund einem Viertel der Lehrenden, die diese digitale Lernform häufig einsetzen. Ein „Ausreißer“ ist allerdings die „Projektarbeit mit digitalen Medien“ – dort liegen Schule und Berufsschule mit 35 bzw. 36 Prozent sogar noch vor den anderen Bildungssektoren. Sicherlich profitieren Schulen hier auch vom Einsatz privater Geräte und von den sozialen Netzwerken, die Schülerinnen und Schüler untereinander nutzen.

Bei den Institutionen der Weiterbildung ist die „Auslagerung“ von Unterricht im Sinne des Flipped Classroom ebenso wie die kreative Gestaltung durch digitale Medien sehr wenig vertreten. Dies mag gute Gründe haben: Die Pflicht, geförderte Veranstaltungsräume auszulasten („Präsenzfalle“), gehört sicherlich dazu. Und auch, dass Erwachsene (vermeintlich) nicht so gerne spielen. Ein wichtiges didaktisches Konzept ist in der Weiterbildung aber die „Recherche im Internet“, bei der sich Lernende an eigenen Geräten im eigenen Lerntempo Inhalte zu Hause erarbeiten können.

Resümee:

Hochschulen haben ihre klassischen Lehrformen ins digitale Zeitalter übertragen. Auffällig ist bei den Schulen und Berufsschulen der Trend zum (gemeinschaftlichen) Lernen in Projekten. Hier wächst die digitale Freizeit-Kultur der Jugendlichen mit der Schulkultur des handlungsorientierten Lernens zusammen. Und generell funktioniert das selbstbestimmte Lernen dort sehr gut, wo man am eigenen Lernort „zu Hause“ die eigenen Geräte nutzen kann. Ein tiefgehender Vergleich, welche Lernsektoren bei didaktischen Konzepten welche Stärken aufweisen, fällt zur Zeit noch schwer, da digitale Lernmedien von Lernenden generell eher selten eingesetzt werden. Gerade im Bereich der individualisierten und gruppenorientierten Lernformen liegen Potenziale nach wie vor brach.

Die Ergebnisse aller Bildungssektoren im Vergleich finden Sie auf unserer Homepage.

Der Beitrag ist zuerst auf didacta Digital erschienen.