Die Universität Magdeburg geht in Kooperation mit dem Ministerium für Bildung (MB) und dem Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt (MWU) des Landes Sachsen-Anhalt mit einem neuen Studienmodell einen innovativen Weg, um auf aktuelle Herausforderungen im Bildungssystem zu reagieren. Ein Gespräch von Schule21 mit Prof. Dr. Dina Kuhlee und Franziska Kempka, die das Zentrum für Lehrerbildung an der Universität Magdeburg leiten, zeigt, wie Theorie und Praxis in diesem Studienmodell neu zusammengedacht werden – und warum dieser Ansatz besonders für neue Zielgruppen spannend ist.

In Magdeburg habt ihr seit dem Wintersemester 2024/2025 einen neuen Lehramtsstudiengang im Angebot. Vereinfacht gesprochen handelt es sich um ein duales Lehramtsstudium. Was genau verbirgt sich hinter dem Studiengang? Arbeiten die Studierenden ab dem ersten Tag in der Schule?

Ja, genau. Im letzten Jahr, also zum Wintersemester 2024/25 ist die Universität Magdeburg mit dem Bachelor Lehramt an Sekundarschulen (praxisintegrierend) an den Start gegangen. Die Studieninteressierten entscheiden sich also mit Studienbeginn für die Schulform Sekundarschule. Es ist ein mit dem Ministerium für Bildung (MB) und Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt (MWU) des Landes Sachsen-Anhalt gemeinsam entwickeltes Studienprogramm, das zu einem vollqualifizierten Abschluss für das Lehramt führt. D.h. an den Bachelorstudiengang schließt sich ein ebenfalls dualer Masterstudiengang an. Der Vorbereitungsdienst (Referendariat) ist hierbei bereits zu großen Teilen mit dem Master verzahnt. So dass man in insgesamt 5,5 Jahren die Ausbildung beendet hat und in den Schuldienst einsteigt. Die Studierenden sind ab dem 1. Semester mit ihren Ausbildungsschulen in Kontakt und lernen in ersten Schritten die Schule kennen. Ab dem 3. Semester des Bachelors sind sie im Rahmen der begleiteten Schulpraxis für einen Tag an der Schule und werden systematisch in den Schulalltag integriert und an das Unterrichten herangeführt. Ab dem Masterstudium sind sie dann für zwei Tage an der Schule. Die Studierenden im dualen Lehramtsstudium gehen dabei einen Studienvertrag mit dem Land ein und erhalten von Beginn an eine monatliche Vergütung über die gesamte Laufzeit des Programms. Dafür verpflichten sie sich im Anschluss an die Ausbildung für 5 Jahre an einer Sekundarschule im Land Sachsen-Anhalt zu unterrichten.

Für das kommende Wintersemester 2025/26 erweitern wir das duale Lehramtsangebot zudem um einen dualen Quereinstiegs-Master (Q-Master) für das Lehramt und möchten so neue Zielgruppen für das Lehramt erschließen. Personen mit einem abgeschlossenen fachwissenschaftlichen Bachelor sollen über das duale Quereinstiegs-Masterprogramm die Möglichkeit haben, in die Lehramtsausbildung einzusteigen und nach 3,5 Jahren als vollqualifizierte Lehrkraft in den Schuldienst überzugehen.

Wie kam es zur Entwicklung bzw. Einführung dieses Studiengangs?

Ausgangspunkt war sicherlich die Absicht, dem Lehrkräftemangel mit einem innovativen Studienprogramm entgegenzuwirken. Letztlich geht es in dem Ansatz aber auch darum, neue Wege für eine systematische Verzahnung von Theorie und Praxis, von erster und zweiter Phase der Lehramtsausbildung zu entwickeln und damit das Lehramtsstudium attraktiver für unterschiedliche Zielgruppen zu machen. Bei der Entwicklung des Studienganges wurden die zentralen Rahmenbedingungen, wie die KMK-Standards, Gestaltungsmerkmale des Wissenschaftsrates als auch die unterschiedlichen institutionellen Rahmenbedingungen bedacht, sodass schließlich ein vollqualifizierendes und gleichwertiges alternatives Angebot entstanden ist.

Was für ein Konzept steckt hinter dem Studiengang?

Aufgrund der besonderen Bedarfslage an Sekundarschulen im MINT-Bereich im Land Sachsen-Anhalt und den eben genannten Zielen, wurde ein Studienprogramm entwickelt, welches diese Bedarfe und Ziele aufgreift. Unser Studienprogramm stellt eine Lehramtsausbildung dar, die sowohl einen klassischen konsekutiven Studiengang als auch eine Quereinstiegsmöglichkeit (Q-Master) vorsieht. Über eine praxisintegrierende Strukturierung soll eine stärker ausgeprägte, insbesondere vertikale Einbindung von Praxisanteilen in das Lehramtsstudium umgesetzt werden. Wir verfolgen damit die Ziele, die Praxiserfahrungen der Studierenden und die systematische Auseinandersetzung mit diesen Erfahrungen über die erste Phase der Lehramtsausbildung auszubauen, die Verknüpfung mit der zweiten Phase der Lehrerbildung zu stärken, sowie die Möglichkeit einer frühzeitigen Bindung an die Schulen und die schrittweise Einbindung in die Unterrichtspraxis an den ausgewählten Schulen zu schaffen.

Neben den klassischen Abiturient:innen als Zielgruppe, die in den konsekutiven Studiengang einmünden, wird ein möglicher Quereinstieg in den Masterstudiengang angeboten. Ziel ist es dabei, Personen mit unterschiedlichen ausbildungs- und berufsbiographischen Verläufen zunächst einen Einstieg in das Lehramtsstudium und damit einen vollqualifizierten Einstieg in die Lehrprofession zu ermöglichen.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Schulen in dem Studiengang ab? Inwiefern unterscheidet sie sich von der Zusammenarbeit in regulären Lehramtsstudiengängen?

Die Einbettung der Praxis in diesem Studiengang ist eine andere als in unseren regulären Lehramtsstudiengängen. Die Studierenden im konsekutiven Studienprogramm sind durchlaufend ab dem 3. Fachsemester des Bachelors für einen Tag und ab dem Masterstudium für zwei Tage die Woche an ihrer Ausbildungsschule, während Studierende der regulären Lehramtsstudiengänge lediglich für bestimmte Phasen an einer Schule sind. Die Zusammenarbeit ändert sich dadurch entscheidend.

Bereits vor Beginn des dualen Lehramtsstudiums wissen die Studierenden, an welcher Schule sie ihre künftige Ausbildung absolvieren werden. Auch die Schulen – und damit die jeweiligen Mentor:innen – erhalten zum Studienstart die Information, welche Studierenden in den kommenden Jahren die Module der begleiteten Schulpraxis an ihrer Schule absolvieren werden. Somit stehen die Schulen, Studierenden und auch die Universität von Beginn an im kontinuierlichen Austausch. Die Module der begleiteten Schulpraxis werden dann sowohl von den Dozierenden der OVGU als auch von den Mentor:nnen der Schulen, später zusätzlich durch die Kolleg:innen des Vorbereitungsdienstes begleitet. Die curricularen und methodisch-didaktischen Elemente für diese Module werden dabei gemeinsam erarbeitet und ein regelmäßiger Austausch zwischen den drei Akteursgruppen sichert die Zusammenarbeit über die Ausbildungszeit. Die Zusammenarbeit unterscheidet sich im Vergleich zu den regulären Studienprogrammen insofern sowohl in der Häufigkeit als auch in der Art und Weise, bzw. Tiefe des Austausches. Universität und Schule arbeiten deutlich stärker zusammen und nutzen Synergieeffekte für die Ausbildung.

Was melden euch die Studierenden aus dem Studiengang zurück?

Wir sind im letzten Jahr mit 30 Studierenden mit dem konsekutiven Studienprogramm gestartet, d.h. die Studierenden sind gerade erst im zweiten Bachelorsemester. Rückmeldungen, die wir bisher einfangen konnten, waren größtenteils positiv.

Zur Studienwahl gab es beispielsweise Rückmeldungen, dass Studierende explizit in dieses Programm aufgrund der speziellen Theorie-Praxis-Verzahnung gewechselt sind. Mit Blick auf die Praxisnähe zeigt sich, dass einige Studierende bereits intensiveren Kontakt zu ihren Ausbildungsschulen haben und sich neben dem Studium an der Schule engagieren. Andere nutzen das erste Studienjahr, um an der Universität anzukommen. Die Studierenden erleben es positiv, dass sie teilweise mit den regulären Lehramtsstudierenden gemeinsam an Veranstaltungen teilnehmen und dass sie eine langfristige Perspektive – auch für den Einstieg in den Schuldienst – haben.

Dieses Wintersemester starten wir mit der ersten Quereinstiegs-Master-Kohorte. Hier dürfen wir über die Rückmeldungen in den kommenden Semestern gespannt sein.

 


Informationen zu den Studiengängen

Bewerbungsfrist für die dualen Lehramtsstudiengänge der OVGU Magdeburg:

  • Dualer Bachelor Lehramt an Sekundarschulen (praxisintegrierend): verlängert bis zum 15.07.2025 (zuvor: 30.06.25)
  • Dualer Quereinstiegs-Master Lehramt an Sekundarschulen (praxisintegrierend): 30.06. 2025

Informationen zur Bewerbung für die dualen Lehramtsstudiengänge sowie FAQ finden Sie unter:

Weitere Informationen zu den Lehramtsstudiengängen der OVGU Magdeburg finden Sie unter: www.ovgu.de/studienangebot_lehramt

 

Ansprechpartnerinnen für die dualen Studiengänge der OVGU Magdeburg:

  • Prof. Dina Kuhlee, Tel.: +49 391 67-56525;
    Email: dina.kuhlee@ovgu.de
    Wissenschaftliche Leitung des Zentrums für Lehrerbildung (ZLB) und Prorektorin für Studium und Lehre der OVGU Magdeburg
  • Franziska Kempka, Tel.: +49 391 67-56555;
    Email: franziska.kempka@ovgu.de
    Geschäftsführerin des Zentrums für Lehrerbildung (ZLB) der OVGU Magdeburg

 


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