Die jüngst erschienene, erste repräsentative Studie zur beruflichen Ausbildung – Monitor Digitale Bildung“ – bescheinigt dem Dualen Ausbildungssystem in Deutschland einen erheblichen Nachholbedarf in Sachen „Digitales Lernen“. Es mangelt den Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben demnach nicht nur an der grundlegenden technologischen Lern-Infrastruktur, z. B. der WLAN-Ausstattung, sondern es dominieren auch in Zeiten der Industrie 4.0 weithin traditionelle didaktische Konzepte: Vorträge und Präsentationen, unterstützt durch Power-Point und Online-Videos, oder die Bereitstellung von Lehrmaterialien, inzwischen eben auch als PDFs.   Zu denselben ernüchternden Ergebnissen kommt nun auch eine zweite Studie zum selben Bildungssegment, diesmal beauftragt vom BMBF. Auch hier wird konstatiert, dass die berufliche Ausbildung überwiegend konventionell, quasi „analog“ stattfindet und überdies vielen Auszubildenden wichtige IT-Kenntnisse fehlen. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka leitet daraus einen besonderen politischen Handlungsdruck ab: „Wir brauchen“, so wird sie in der Pressemeldung zitiert, „eine Berufsbildung 4.0. Das BMBF legt deshalb einen besonderen Schwerpunkt darauf, die Digitalisierung in der beruflichen Bildung zu fördern. Besonders für dieses Thema sensibilisieren und unterstützen wollen wir dabei kleine und mittlere Unternehmen.“   Zwei große repräsentative Studien – eine Erkenntnis: Während viele Industriebetriebe immer digitaler werden – mithin vernetzter, flexibler und individualisierter (Stichwort „Losgröße 1“) –, bleibt die betriebliche Ausbildung im Kern so, wie sie seit vielen Jahrzehnten ist: unvernetzt, wenig flexibel, und allenfalls in Ansätzen individualisiert. Dabei fahren Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe weitgehend nebeneinander her. Die berufspädagogisch seit langem geforderte handlungs- und prozessorientierte Ausbildung findet selten mithilfe von Notebooks, Tablets oder Smartphones und so gut wie nie mithilfe von 3D-Brillen, Augmended Reality oder sozialen Medien statt.   Kurz: Die Diskrepanz zwischen einer umfassenden datengestützten Virtualisierung, Vermessung und Vernetzung industrieller Produktions-, Steuerungs- und Vertriebsprozesse einerseits und einer beruflichen Wissensvermittlung, die sich, wie das BMBF betont, auf „weitgehend klassische Medienformate“ stützt, könnte kaum größer sein.   Die Frage drängt: Wie und wodurch lässt sich dies ändern? Sieht man von der „Kleinigkeit“ ab, entsprechende Infrastrukturen aufzubauen, so geht es wohl vor allem darum, den Akteuren im beruflichen Ausbildungssystem gute, einfach umzusetzende Beispiele für moderne, attraktive Bildungsformate zu vermitteln, und sie zugleich zu ermutigen – und zu befähigen –, davon praktischen Gebrauch zu machen. Sicherlich keine leichte Aufgabe. Immerhin hat sich die Politik auf den Weg gemacht. Das BMBF wird in den kommenden Jahren „Netzwerke für digitales Lernen“ fördern und plant zugleich eine Initiative zur Medienkompetenzentwicklung in der Weiterbildung. Auch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat das Thema aufgegriffen und auf der Seite foraus.de handlungsorientierte Informationen und sogenannte “Lernbausteine“ für Ausbildende – auch zum Thema digitales Lernen – zusammengestellt.   Doch was meint „Digitales Lernen“ im beruflichen Kontext eigentlich? Dazu erscheint es zunächst ratsam, zwischen dem „Lernen über (die Nutzung) digitale(r) Technologien“ einerseits und dem „Lernen mit digitalen Technologien“ andererseits zu unterscheiden. Selbstverständlich kann und wird auch die Wissensvermittlung für „Industrie 4.0“ zu einem wesentlichen Anteil in traditionellen Formen stattfinden – seien dies Lehrgänge, Trainings oder Schulungsveranstaltungen, praktische Unterweisungen, Selbststudium oder Übungen. In anderen Worten: Auch das Lernen für die digital vernetzte Wirtschaft stützt sich auf gewohnte, weitgehend „analoge“ Methoden. Aber viele Kompetenzanforderungen für die „Industrie 4.0“ hängen mit vernetzten System zusammen – beginnend mit dem projekt- und workfloworientierten Arbeiten in virtuellen Teams über die Steuerung datenbasierter Prozesse bis hin zur Überwachung automatisierter Anlagen und Roboter. Es ist daher naheliegend, dass auch die Lern- und Wissensprozesse immer stärker aufeinander bezogen und miteinander vernetzt werden. Dazu tragen einerseits Technologien wie z. B. Lernmanagement-Plattformen oder Lern-Apps bei, andererseits – und das ist hier wahrscheinlich wichtiger – auch neue didaktische Formate, wie z. B. Micro-Learning (Learning on demand), Virtual Classrooms, Onlineforen oder kollaboratives, soziales Lernen in vernetzten Gruppen. Dabei ist zu betonen, dass das Lernen mit solchen Technologien quasi automatisch auch das Lernen über die Nutzung digitaler Technologien befördert. So unterscheidet sich beispielsweise die Nutzung einer Lernmanagementplattform nicht wesentlich vom Umgang mit einer komplexen Dokumenten- oder Workflow-Managementplattform. Und ein virtueller Klassenraum ist im Kern nichts anderes als ein Webmeeting oder eine Videotelefonkonferenz. Überhaupt werden bestimmte „Industrie 4.0“ Kompetenzen wie die Zusammenarbeit in vernetzten Teams und Projektgruppen nur dann zu vermitteln sein, wenn entsprechende Technologien zum Einsatz kommen. Denn die hierfür erforderlichen Kompetenzen können schwerlich „analog“ – beispielsweise in einem Präsenzlehrgang – vermittelt werden. Anders formuliert: Die Nutzung digitaler Lerntechnologien trägt nicht nur dazu bei, Fachinhalte effizient zu vermitteln, sondern gleichzeitig Fähigkeiten für das Arbeiten in vernetzten Unternehmen zu entwickeln. Um dieses Ineinander digitaler und traditioneller Lernformen mit Blick auf die Anforderungen der Industrie 4.0 zu verdeutlichen, hat das mmb Institut eine Vier-Felder Matrix vorgeschlagen.   Blogbeitrag_Grafik Prokuktion   Dadurch soll zweierlei verdeutlicht werden: a) Ausbildung für die „Industrie 4.0“ wird selbstverständlich sowohl „digital“ als auch traditionell stattfinden; b) es gibt eine Vielzahl digitaler Lernlösungen, die besonders geeignet sind für die Vermittlung von „4.0-Kompetenzen“. Wie dies genau, in der alltäglichen Ausbildungspraxis – und vor allem „niedrigschwellig“ – umgesetzt werden kann, ist freilich eine noch weitgehend vor uns liegende Aufgabe. Neben dem technologischen Anwendungs- und Nutzungswissen ist dabei auch das Verständnis grundlegender Funktionsmechanismen und Auswirkungen datenbasierter Systeme elementar – Stichworte sind hier u. a. Datensicherheit und -souveränität, Umgang mit Algorithmen und nicht zuletzt Data-Analytics („Big Data“).

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Quellen Grafik: mmb Institut 2016