Wenn ich so über digitale Bildung nachdenke (und das tue ich ziemlich oft), dann steht dabei für mich ein Wandel der Lehr-Lernkultur im Vordergrund. Es geht schon um den Einsatz digitaler Medien im Lehr-Lerngeschehen, aber eben nicht als Imperativ, sondern als Mittel zum Zweck für mehr individuelles, selbstbestimmtes Lernen. Dazu haben wir hier ja schon einige Beiträge veröffentlicht.

Es gibt eine ganze Reihe guter Beispiele, die zeigen, dass der Einsatz von Internet, Tablets, Smartphones, Social Media usw. Lernen spannender und bunter macht und damit motivierend ist. Das wiederum ist gut für den Lerneffekt des Einzelnen. Und Lehrende können sich besser um ihre Schützlinge kümmern. Sie werden zum Lernbegleiter und sind nicht mehr der reine Input-Geber, der vorne vor der Klasse steht.

Das ist ein ganz entscheidender Punkt, denn hier wird deutlich, dass digitales Lernen eben kein Selbstzweck ist, keine neue Methode und kein unangenehmes Übel, das man über sich ergehen lassen muss. Digitales Lernen steht für einen Wandel in der Lehr-Lernkultur.

Neulich kam mir dabei in einer Diskussion mit einem Kollegen der Gedanke, dass wir nicht wissen, was zuerst da sein muss. Brauchen wir den Einsatz digitaler Medien im Lehr-Lerngeschehen und dann entsteht der Wandel in der Lehr-Lernkultur von ganz allein? Oder muss man sich zunächst mit dem Wandel in der Lehr-Lernkultur befassen, damit es möglich wird, digitale Mittel sinnvoll und für alle Beteiligten – Lehrende und Lerner – gewinnbringend einzusetzen?

Für mich ist das keinesfalls trivial, immerhin denke ich den ganzen Tag darüber nach, wie man sowas bewerkstelligen kann, egal für welchen Bildungssektor. Ich stehe sozusagen vor einem digitalen Henne-Ei-Problem: was kommt zuerst?

Klar, den Einsatz digitaler Medien im Lehrgeschehen kann man theoretisch verordnen. Halte ich aber für einen schlechten Ansatz, damit überzeugt man wohl nur wenige und erzeugt bei vielen verständlichen Widerstand. Infrastruktur zur Verfügung stellen, Geräte auch und Fortbildungen anbieten? Scheint mir einen Versuch wert und wäre ein Anfang. Allerdings wissen wir auch aus vielen Modellprojekten, dass das nicht zwangsweise zu einer Verstetigung führt und auch nicht unbedingt einen Wandel in der Lehr-Lernkultur nach sich zieht.

Das wiederum spricht dafür, dass der Ansatz bei der Lehr-Lernkultur ein guter sein könnte. Aus der Schul- und Organisationsentwicklung ist bekannt, dass Veränderungen vor allem dann geschehen, wenn alle sie gemeinsam entwerfen und mittragen. Das ist sicherlich der schwierigere Weg, aber auch der nachhaltigere. Wie mir ein Lehrer an einer Berufsschule vor einer Weile sagte: „Es geht nur, wenn alle mitmachen, sonst brauchen Sie gar nicht anfangen. Und planen Sie zehn Jahre ein“. OK, ich hab´ Zeit. Oder zumindest Ausdauer.

Wo nun aber ansetzen? Vermutlich gibt es wie bei der berühmten Philosophischen Frage auch hier keine klare Antwort. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich die auch nicht wirklich erwartet. Aber es ist dennoch gut, darüber nachzudenken. Idealerweise mache ich das nicht alleine, sondern mit vielen anderen Menschen zusammen, die sich mit dem Thema Lehren und Lernen befassen. Dann könnte das was werden mit dem Wandel in der Lehr-Lernkultur.