Wenn es um Digitale Bildung geht, stehen Ausbildungsbetriebe bisher selten im Mittelpunkt. Dies scheint sich aber langsam zu ändern. Denn immer öfter wird über – zugebenermaßen eher große – Unternehmen und Betriebe berichtet, die ihren (künftigen) Auszubildenden auch virtuelles Lernen eröffnen: Seien es Tablets mit Lern-Apps für Azubis im kaufmännischen Bereich, wie z. B. bei REWE, oder Ausbildungsblogs für Lehrlinge und dual Studierende, wie z. B. bei FESTO. Auch soziale Lernplattformen und sogar Azubi-Clouds, wie sie seit kurzem bei BOSCH oder TRUMPF zum Einsatz kommen, treffen offenbar nicht nur den Nerv der Azubis, sondern sind zugleich ein gutes Argument im Wettbewerb um die besten Auszubildenden.

In einem kürzlich erschienenen Bericht zitiert die FAZ den Ausbildungsleiter von Trumpf, Andreas Schneider, mit dem Satz: „Wir müssen die jungen Menschen in ihrer Welt abholen“. Und die ist eben für viele auch ein Social-Media-Universum. Trumpfs Azubi-Cloud wird vermutlich nicht denselben Unterhaltungswert bieten wie Snapchat oder Whatsapp. Den Ausbildungsalltag der jungen Facharbeiter wird sie dennoch erleichtern und bereichern können. Andreas Schneider sieht den Vorteil der firmeninternen Azubi-Cloud allerdings nicht nur in kommunikativen Features, sondern v. a. darin, dass Arbeitsanweisungen oder Dokumentationen und andere Materialien sehr einfach zur Verfügung gestellt werden können.

Auch REWE wirbt offensiv mit seinem Tablet-Programm für künftige Azubis: „Bei guten Leistungen ist dir deine Übernahme bei REWE garantiert. Damit das gelingt, bekommen alle neuen Azubis in unseren Supermärkten ein Tablet – mit REWE Lern-Apps, die dir das Lernen dort ermöglichen, wo das Leben gerade spielt. Sei es zu Hause auf der Couch, in der Bahn oder am See.“ Klingt das nicht geradezu wie eine virtuelle Service-Theke für Lehrlinge?

Ob Bosch, REWE und Trumpf Trendsetter in Sachen Digitale Ausbildung sind, wird sich zeigen. Firmeninterne soziale Netzwerke sind in Deutschland bislang deutlich weniger verbreitet als in den USA, wo unter anderem Microsofts „Yammer“ („Facebook für den Arbeitsplatz“) bereits bei über 200.000 Unternehmen (darunter Ford und Shell) im Einsatz ist. Viele Unternehmen – zumal im KMU-Bereich – verfügen hierzulande hingegen weder über geeignete technische Infrastrukturen und Intranets noch über die notwendigen Ressourcen, um solche Netzwerke und Plattformen aufzubauen und dauerhaft zu betreuen. Es fehlt oft der „Kümmerer“, aber auch Erfahrung und Sicherheit im Umgang mit solchen Plattformen. Immerhin: Die ersten Vorreiter – und vielleicht auch Vorbilder – sind jetzt online. Daran können und werden sich auch kleinere Betriebe orientieren – die positive Resonanz der Azubis für das Digitale immer vorausgesetzt. Im Ausbildungsblog.de der Festo AG findet sich dazu ein bezeichnendes Statement einer Auszubildenden im Dualen Studium, Cheang Hoi Yee aus Signapur, die über ihre ersten Erfahrungen an der deutschen Hochschule folgendes erzählt: „Zusätzlich habe ich noch einen Kulturschock getroffen, dass der Dozent Kreide und Tafel benutzt. Ich habe gedacht, dass Whiteboard und Marker benutzt werden.“ Also reichlich digitaler Aufholbedarf – nicht nur in den Betrieben.