Man musste zwar die Übertragung des Relegationsspiels zwischen Frankfurt und Nürnberg abwarten, wurde jedoch dann belohnt mit einer lebhaften Hart aber Fair-Diskussion über das Für und Wider von Smartphones – im Alltag allgemein und speziell in Schule und Bildung. Frank Plassberg hatte dazu neben dem Digitalisierungs-Kritiker Manfred Spitzer unter anderem den Journalisten Ranga Yogeshwar sowie den Unternehmer Frank Thelen eingeladen. Die Sendung sorgte nicht nur für ein breites Presse-Echo, sondern auch für einen intensiven Schlagabtausch in den sozialen Netzen. Hier ein kurzer Blick auf einige prominente Beiträge:

Während Spiegel-Online und Gründerszene ihre Besprechungen jeweils mit dem Zitat des Unternehmers Thelen betiteln: „Zu wenig Internet tötet die deutsche Wirtschaft“, titelt Focus Online „Smartphones sind das neue Rauchen – mindestens“ und die FAZ: „Zuhause ist, wo ich das WLAN-Passwort kenne”. RP-Online überschreibt seine Rezension mit: „Hirnforscher empfiehlt Smartphones erst ab 16 Jahren“ und zitiert Manfred Spitzer mit dem Satz: „Wir können nicht zulassen, dass Apple und Google dadurch reicher werden, dass unsere Kinder krank werden.“ Als „überspannt“ bezeichnet hingegen die FAZ die „Untergangsbeschwörung des Psychiaters Spitzer“. Als „Studienschleuder …, die mit deprimierenden Erkenntnissen aus den USA, England, China und Südkorea nur so um sich warf”, beschreibt ihn Spiegel Online. Noch härter geht der Fokus-Online Kritiker mit Spitzer ins Gericht: „…ich (kann) nur bruchstückhaft erklären“, so Fokus-Redakteur Thomas Moßburger, „wie Spitzer darauf kam, Smartphones allen Ernstes innerhalb einer halben Stunde mit der Gefahr von Schusswaffen, Nikotin und radioaktiver Strahlung zu vergleichen. (…) Immer wieder fauchte er: „Das sind Studien, das können Sie nicht einfach vom Tisch wischen.“ Ein komisches Verständnis von Wissenschaft für jemanden, der den Titel eines Professors trägt. Sind wir ehrlich: Wer ein bisschen sucht, kann mit Studien fast alles belegen oder widerlegen – vor allem in Talkshows, wo man keine Quellen und kaum Details nennen muss.“

Auf eine der von Manfred Spitzer erwähnten Studien bezieht sich auch der Kollege von der FAZ: „Interessant“, so Hans Hütt in der FAZ, „ist Spitzers Hinweis auf eine britische Studie, die am Beispiel von 130.000 Kindern herausfand, dass ein schulisches Smartphone-Verbot vor allem gut war für die schwächeren Schüler.“ Gemeint ist die vor einem Jahr (Mai 2015) erschienene LSE-Studie von Louis-Philippe Beland und Richard Murphy mit dem Titel: „Ill Communication: Technology, Distraction & Student Performance“. Die Studie belegt, dass sich das Leistungsniveau – gemessen an Prüfungsergebnissen – von „low-performing students“ nach dem Handy-Verbot im Unterricht signifikant steigern lässt: “We found the impact of banning phones for these students equivalent to an additional hour a week  in school, or to increasing the school year by five days.” Offenbar lassen sich demnach schwache und benachteiligte Schüler von ihren Handys im Unterricht deutlich leichter ablenken als leistungsstärkere Schüler. Bezogen auf diese konnten die LSE-Forscher nämlich keine Leistungsänderung nach dem Handyverbot feststellen. Ob die LSE-Studienergebnisse auch dazu taugen, eine didaktisch geführte und begleitete Nutzung von Smartphones im Unterricht zu verdammen, darf allerdings bezweifelt werden (jedenfalls ging es in dieser Studie gerade darum nicht).

Der Unternehmer Thelen kam mit seiner Pro-Digitalisierungs-Einstellung in den Augen der Kritiker auffällig besser weg als Manfred Spitzer – obgleich seine Position kaum weniger zugespitzt war. So formuliert der Fokus: “Thelen (fordert) – nicht ganz unberechtigt – eine massive Verstärkung der digitalen Anstrengungen in Deutschland, mit Tablets und Programmierkursen ab dem Kindergarten. Sein Argument: Die deutsche Wirtschaft sei sonst nicht zu retten.“ Und im Spiegel-Online heißt es: „Der öffentliche Unternehmer, bekannt aus der Vox-Sendung ‚Die Höhle der Löwen’, stellte fest: ‚Wenn wir Kinder haben, die heute nicht programmieren können, das sind die Analphabeten von morgen.’ Wir wären als Gesellschaft gerade dabei, den Anschluss an eine Kerntechnologie zu verlieren: ‚Zu wenig Internet tötet die deutsche Wirtschaft und tötet Deutschland.’“ Deshalb: Smartphones und Tafelrechner rein in die Schulen, Bücher und Bedenkenträger raus.“ Ähnlich zitiert ihn auch die Gründerszene: „Deutschland verlöre seine Rolle als herausragende Wirtschaftsnation und überhaupt: ‚Zu wenig Internet tötet die deutsche Wirtschaft’“. Spitzer nannte er kurzerhand einen Bedenkenträger.“

Durchweg positiv wird die „mittlere“ Position von Ranga Yogeshwar beschrieben. Seine Würdigung des „magischen“ Smartphones wird ebenso hervorgehoben wie seine konstruktiven Hinweise auf „Scratch“ (eine Programmierumgebung für Kinder) sowie sein Hinweis darauf, dass „es immer beide Seiten“ gibt, und es die digitale Medienerziehung daher letztlich eine essentielle Aufgabe für Eltern und Lehrer sei.

In den sozialen Netzwerken ging es nach der Sendung erwartungsgemäß deutlich drastischer zu, wobei auch hier die Spitzer-Kritiker überwiegen – einige Zitate: „Es gibt tatsächlich Leute, die über Smartphones reden wie die NPD über Ausländer. #hartaberfair” (Erik Marquardt Verifizierter Account ‏@ErikMarquardt 23. Mai). Spitzers Hinweis auf das Jugendwort „Smombie”, das sich aus Smartphone und Zombi zusammensetze, wird folgendermaßen kommentiert: “Smombie. Ein Wort, welches keiner verwendet. #hartaberfair” (Dennis Horn Verifizierter Account ‏@horn 23. Mai). Oder: “Smombie. Das Jugendwort des Jahres, das vorher nie jemand gehört, geschweige denn genutzt hat. #hartaberfair” (Torti_Haha ‏@Torti3001 23. Mai)

Im Gästebuch der Sendung heißt es: “Das Problem sind nicht die Geräte, die wir selbst kontrollieren. Das Problem sind die vielen Datensammler, die versuchen, uns zu kontrollieren. Da müssen wir genauer hinschauen!” („Bertram in Mainz“, 24.05.2016, 13:59 Uhr). Schließlich sei noch noch Verena Pausders Facebook-Post zu Frank Thelens Forderung nach mehr Digital-Kompetenz bei Kindern erwähnt: “Danke, Frank! Und genau deshalb haben wir die Digitalwerkstatt (www.digitalwerkstatt.de) ins Leben gerufen. Damit wir Schülerinnen und Schülern beibringen, mit digitalen Geräten kreativ zu werden statt sie nur zu konsumieren. Damit sie programmieren lernen wie eine weitere Fremdsprache, die ihnen ebenso viele – wenn nicht mehr – Türen in Zukunft öffnen wird. Und damit digitale Innovationen, Produkte und Dienstleistungen in Zukunft auch in Deutschland entstehen –denn das sollte unser Anspruch sein!”