Als Ministerin Wanka kürzlich den DigitalPakt#D ankündigte, fragte ich meinen Sohn (Gymnasium 6. Klasse) nach seiner Meinung – und ob er sich darauf freue, dass wahrscheinlich auch seine Schule bald mit WLAN, interaktiven Whiteboards und so weiter ausgestattet würde? Darauf meinte er, dass das grundsätzlich schon super sei, aber dieses WLAN dann doch ziemlich extrem leistungsfähig sein müsse, damit alle Schüler im Unterricht, und vor allem in den Freistunden und Pausen entsprechend surfen könnten. Und was die interaktiven Whiteboards angeht, seien die ja schon in fast jedem Klassenzimmer vorhanden, nur funktionierten sie entweder nicht richtig oder die Lehrer würden sie zu selten nutzen.

Das nennt man dann wohl Undankbarkeit.

20 Jahre nachdem die Initiative „Schulen ans Netz“ damit begonnen hat, Deutschlands Schulen mit einen kostenfreien Internetzugang auszustatten, 15 Jahre nachdem dieses Ziel erreicht war, 9 Jahre nachdem sich die Deutsche Telekom als Hauptsponsor von Schulen ans Netz daraus zurückgezogen hat und gut 4 Jahre, nachdem der Schulen ans Netz e.V. schließlich aufgelöst wurde, signalisiert der „DigitalPakt#D“ nun einen nationalen Neustart in Sachen Digitalisierung der fast 40.000 Schulen in Deutschland.

Doch ganz anders als vor 20 Jahren ist diese Bundes-Initiative inzwischen eingebunden in eine fast unüberschaubare Vielzahl von Maßnahmen, Netzwerken und Aktivitäten auf lokaler und Länder-Ebene. Und mehr als das: Auch Verbände und Unternehmen, Stiftungen und nicht zuletzt die KMK (mit ihrem Schwerpunktthema Bildung in der digitalen Welt) haben sich das Digitale Lernen neu vorgelegt.

In einer kürzlich vom mmb Institut für das Forum Bildung und Digitalisierung erstellten Übersicht konnten über 200 Aktivitäten von vielen verschiedenen Akteuren identifiziert werden – nicht mitgezählt die vielfältigen Angebote und Maßnahmen privatwirtschaftlicher Anbieter und Verlage. Betrachtet man gesondert die über 60 Aktivitäten, hinter denen einzelne Bundesländer stehen, so lässt sich feststellen, dass hier vor allem regionale Technologie- und Infrastruktur-Ausstattungsinitiativen, wie z.B. das „Digitale Bildungsnetz Bayern“, Content-Plattformen, wie z.B. Mesax in Sachsen sowie Maßnahmen zur Medienkompetenzentwicklung der Schüler dominieren. Zu letzterem finden sich auf Länderebene eine ganze Reihe von Beratungs- und „Zertifizierungs“-Ansätzen, wie z.B. das Projekt Medienscouts“ der Landesmedienanstalt NRW“ oder auch die „Medienpass“-Initiativen in Thüringen, Hamburg und NRW – bis hin zum Internet-Seepferdchen für Grundschulen in Berlin. Bei den Länder-Aktivitäten handelt es sich freilich überwiegend um Projekte bzw. Projektförderung, dabei häufig auch um Veranstaltungs-, Kommunikations- und Informationsplattformen, wie z.B. die Seite Kindermedienland aus Baden-Württemberg. Regulatorische und dauerhaft institutionelle Ansätze sind bisher eher selten.

Allerdings sind vielerorts umfassende Strategiepapiere zur Digitalen Bildung in Arbeit bzw. sie liegen in einzelnen Bundesländern, wie z.B. Bayern und Baden-Württemberg, auch bereits vor. Entgegen der immer wieder betonten Bedeutung von Open Educational Ressources und BYOD-Ansätzen konnten allerdings nur wenige derartige Initiativen recherchiert werden – eine der OER Plattformen ist z.B. die IQSH-Mediathek aus Schleswig -Holstein, die mehr als 24.000 frei verfügbare Videos und Texte sowie mehr als 35.000 Bilder für Lehrkräfte vorhält.

Insgesamt erscheint die aktuelle Situation auf Länderebene also geprägt durch Vielfalt und Dezentralität. Zu fragen wäre, ob und wie intensiv heute bereits ein länderübergreifender Austausch stattfindet. Das Beispiel der Organisations- und Kommunikationsplattform Logineo NRW“, die unter anderer Bezeichnung und in angepasster Form künftig auch an Hamburgs Schulen zum Einsatz kommen soll, zeigt allerdings, dass in einem so wichtigen IT-Basis-Bereich durchaus bereits länderübergreifende Kooperation stattfindet.

Der „DigitalPakt#D“ findet also – anders als ehemals „Schulen ans Netz“ – in einem extrem dynamischen und vielfältigen Kontext bereits laufender Maßnahmen und Aktivitäten statt, die sich bis hinunter auf die lokale Ebene der einzelnen Schulen erstrecken. Und genau darin wird wohl auch eine der zentralen Herausforderungen für dieses Programm liegen: Den vorhandenen Instrumenten, Spielern und Partituren nicht einfach ein weiteres – zumal recht prägnantes – Instrument hinzuzufügen, sondern zugleich auch eine gewisse Orchestrierung, um nicht zu sagen „Harmonisierung“ zu bewirken.