Sie nutzen YouTube-Videos zum Handwerkern, Kochen oder um Ihre Reise zu planen? Sie informieren sich im Internet, bevor Sie zum Arzt gehen? Sie lernen Spanisch mit einem kostenfreien, digitalen Lehrbuch? Dann nutzen Sie wahrscheinlich bereits OER. Was das bedeutet…

Wir befinden uns in einem Workshop des OERcamps in Köln. Das Ziel unserer Session ist es, das Storyboard für ein kurzes Lernvideo zu erstellen, welches seinen Zuschauern die Vorteile von OER näher bringt. Das benachbarte Video-Team geht einen Schritt zurück und entwirft ein reduziertes graphisches Drehbuch zur Frage, was OER denn überhaupt bedeutet.

O, E und R. Was wie ein neues Zugmodell klingt, beschreibt in Wahrheit eine ebenso junge wie komplexe Form frei zugänglicher Bildung, die Open Educational Resources. Gemeint sind jene Bildungsmaterialien, welche unter einer offenen Lizenz zur Verfügung gestellt sind, sodass im Grunde jeder auf sie zugreifen kann, um sie kostenfrei zu nutzen, zu verändern und zu verbreiten. Obwohl der Großteil der Internetuser derartige Materialien bereits nutzt, ist das Bewusstsein ihnen gegenüber noch relativ gering. Selbst die meisten Anwesenden des OERcamps sind erst im letzten Jahr bewusst auf das Thema gestoßen, was eine schnelle Befragung bei der Eröffnung des Camps zeigte.

„Camp“ ist übrigens die Abkürzung für „Barcamp“ und typisiert das Format, in dem die Tagung organisiert ist. Es gibt Workshops, Diskussionsrunden und Vorträge. Was jedoch fehlt, sind geladene Workshopleiter, Diskussionsmoderatoren oder Sprecher. Diese Rollen übernehmen die Teilnehmenden eines Barcamps spontan selbst. Auf diese Weise können die tatsächlichen Interessen der Anwesenden in den Mittelpunkt der Veranstaltung gerückt werden. In Köln entstehen nach diesem Prinzip Arbeitskreise, in denen die Teilnehmenden beispielsweise ihre Erkenntnisse und entdeckten Tools zu barrierefreien Zugangsmöglichkeiten von digitalen Medien diskutieren, ein neues Wiki für den Schulgebrauch untersuchen oder eben der Frage ganz praktisch nachgehen, auf welche Weise man ein Lernvideo erstellen könne.

Unser Storyboard nimmt langsam Form an. Es soll sich an Lehrende richten und der Frage nachgehen, wieso OER für sie überhaupt infrage kämen. Unsere Ikons deuten an, was einem Zuschauer unseres Video klar werden sollte:

Bertelsmann Stiftung
Bertelsmann Stiftung

Unter idealen Voraussetzungen können OER einer Lehrkraft bei ihren Vorbereitungen zunächst einmal Orientierung bieten in einer schier unendlichen Fülle an inhaltlichen und anschließend auch an methodischen Möglichkeiten, ein Thema zu erschließen, aufzubereiten und zu vermitteln. Folge: Zeitersparnis. Gefundenes Material ließe sich darüber hinaus für die praktische Lehre nutzen, indem die Lehrperson beispielsweise vorgefertigte Arbeitsblätter für ihre eigene Zielgruppe aufbereitete. Der Aufwand, Materialien komplett neu zu erstellen, entfiele. Griffe die Lehrkraft auf bewährtes OER-Material zurück, dürfte man darüber hinaus auch von einer relativ guten Qualität ausgehen. Das als Gesamtpaket würde gute Unterrichtsmaterialien bei relativ geringem zeitlichem Aufwand bieten.

Neben diesen Vorteilen – so wird auf dem OERcamp deutlich – wirft eine derartige Idee freier und kollektiver Bildungsprozesse jedoch immer noch diverse Fragen auf. Gibt es eine Qualitätskontrolle für Materialien, die jeder bearbeiten darf? Wo finde ich schnell und einfach das richtige OER-Material für meine Zwecke? Und DAS Thema schlechthin: Wie steht es um die rechtlichen Rahmenbedingungen dabei?

Das Camp hilft, das Bewusstsein für die Themenfelder der OER zu schärfen. Dieses gilt es nun nach außen zu tragen, sodass die breite Masse mit OER zukünftig kein Zugmodell mehr assoziiert, sondern den Weg für eine frei zugängliche Bildung für alle. Denn das Potential dazu bieten OER in jedem Fall.