Lernvideos sind ein wichtiges Mittel, wenn es um digitales Lernen geht. Man könnte fast sagen: Damit hat es angefangen. Jedenfalls arbeiten viele Ansätze videobasiert und auch unsere Daten aus dem Monitor Digitale Bildung zeigen, dass Videos zum Lernen hoch im Kurs stehen. Erstaunlich eigentlich, dass sich kaum jemand mit der Frage beschäftigt, wie gute Lernvideos aussehen müssen.

Ich wünschte, während meiner Schul- und Studienzeit hätte es schon die Möglichkeiten gegeben, mit denen man heute lernen kann. Ich habe mich schon damals immer gefreut, wenn es hieß: Wir schauen einen Film! Manchmal kam der von Disney – spannend, aber Lerneffekt eher gering. Oder wir hatten einen Film aus der Medienstelle – nicht spannend und Lerneffekt leider auch eher mäßig. Weil das oft furchtbar langweilig gemachte Streifen waren, die wirklich niemanden vom Hocker gerissen haben.

Und trotzdem war „Film schauen“ immer besser als ohne Film zu lernen, weil es meistens eben doch Spaß gemacht hat. Irgendwas ist auch immer hängen geblieben. Wenn ich heute etwas wissen möchte, dann schaue ich meist bei Youtube nach einem Clip zum Thema. In der Regel werde ich fündig und ich bin sehr dankbar, dass es diese Möglichkeit gibt. Ich müsste viel länger und aufwändiger recherchieren, wenn ich keine riesige Online-Videothek zur Verfügung hätte.

Allerdings gibt es auch sehr viele schlechte Clips bei Youtube. Die rauschen dann, oder das Bild flackert. Oder man schläft schon nach zehn Sekunden ein und beißt genervt in die Tischkante, weil der Präsentator einfach nicht zum Punkt kommt. Ok, könnte man meinen, sind ja oft Amateure, sei´s drum. Aber selbst Profis und Unternehmen, die professionell gemachte Videos mit kommerziellem Interesse produzieren, sind da oft auch nur einen oder zwei Schritte weiter.

Natürlich, da geht der Ton, die Kameraführung ist gut, das Bild klar, es gibt eine Dramaturgie hinter dem Video, das nicht allzu lang sein darf. Und wenn der Regisseur einen guten Tag hatte, dann bekomme ich auch noch Bildunterschriften und einen lustigen Jingle. Das ist deutlich besser, keine Frage.

Aber trotzdem unterscheiden sich auch diese Videos nicht sehr vom Frontalunterricht, den wir aus der Schule oder dem Hörsaal kennen. Ein Großteil aller Lernvideos greift auf das Format Talking Head zurück, also eine Person, die spricht und dabei gefilmt wird. Nicht sehr einfallsreich. Und wenn der Sprecher nicht ungemein eloquent und witzig ist, leider auch nicht sehr fesselnd.

Produzenten von Erklärvideos gehen da deutlich weiter. Da gibt es meist animierte Trickfilmfiguren oder zum Beispiel eine Hand bewegt passend zum Text Gegenstände durch das Bild. Wenn das gut gemacht ist, erleichtert mir das als Zuschauer das Verständnis für ein Thema wirklich schon ungemein. Aber auch für so ein Video wurde meines Wissens noch kein Oscar vergeben.

Warum also fesseln mich Blockbuster, aber Lernvideos nicht?

Was unterscheidet also den Hollywoodstreifen vom herkömmlichen Lernvideo. Es wäre ziemlich leicht zu sagen: der Inhalt. Aber das allein kann es nicht sein. Nein, ich denke, da kommt weit mehr zusammen. Lernvideos haben in der Regel eher statische Kameraeinstellungen. Da gibt es keine Bewegung, keine Schnitte, keine Blenden. Es gibt auch nur selten eine spannende Handlung oder eine Geschichte, in die ich eintauchen könnte. Und so leid es mir tut, aber auch die Menschen in den Videos sind nicht unbedingt Charismatiker. Kostüme und Pyroeffekte kommen auch nur selten vor.

Na gut, letzteres ist vielleicht auch nicht notwendig. Aber ich frage mich schon: Was wäre, wenn das durchschnittliche Lernvideo ein bisschen mehr von einem Blockbuster hätte? Was wäre, wenn mal jemand Captain Jack Sparrow, den freundlich verrückten Piraten, der von Johnny Depp verkörpert wird, in einem Lernvideo zu Wort kommen lassen würde? Das wäre gleich viel spannender, weil allein die schillernde Persönlichkeit meine Aufmerksamkeit wecken würde. Auch die Sprache wäre anders – Piraten legen wenig Wert auf eine elaborierte Ausdrucksweise.

Man stelle sich vor: Captain Jack Sparrow erklärt die Grundlagen des Segelns. Oder James T. Kirk gibt eine Unterrichtsstunde in Astronomie. Oder James Bond unterrichtet Selbstverteidigung. Das wäre doch mal was.

Was ich damit vor allem sagen will: Wir haben die großen Potentiale von Lernvideos noch lange nicht ausgeschöpft. Ich wünsche mir deshalb, dass sich mehr Menschen mehr Gedanken dazu machen, wie sich Videos gestalten lassen, die gutes Lernen ermöglichen. Sowohl in didaktisch-methodischer Hinsicht als auch aus medienwissenschaftlicher Perspektive gibt es hier noch viel zu tun.

Auf Youtube – wo auch sonst – gibt es ein Video, das diese Fragen gut aufgreift und deutlich macht, wie man Lernvideos anders gestalten könnte. Ich frage mich, was Captain Jack Sparrow dazu sagen würde…