Bildungswissenschaftler und praktizierende Pädagogen sind sich weitestgehend einig darüber, dass der Einsatz digitaler Medien den didaktischen Zielen des Unterrichts unterzuordnen ist. Doch wer bei diesem Gedanken verharrt, verpasst womöglich das größte Potential.
Bereits der große Erziehungswissenschaftler Wolfgang Klafki manifestierte: „Didaktik geht vor Methodik!“ Die Art und Weise des Unterrichts hat sich also immer bestimmten Lernzielen unterzuordnen. Wir bearbeiten diesen Text mit dem Ziel… Wir erstellen dieses Plakat mit der Absicht…
Der heute passende Ausruf lautet: „Didaktik vor Technik!“ Klar, denn die Technik bestimmt heute zu großen Teilen die Methodik. Zumindest könnte sie es. Im Sprachunterricht wird es dank der Internettelefonie möglich, reale Gespräche mit Muttersprachlern zu führen, statt diese „nur“ mit den Klassenkameraden nachzuahmen. Im Kunstunterricht entstehen digital bearbeitete Werke auf Grundlage selbst geschossener Fotos. Und im Physikunterricht lassen sich Experimente visuell am Laptop simulieren, statt sie lediglich theoretisch zu errechnen.
Diese Beispiele lassen erahnen, dass sich nicht nur die Methoden ändern; auch die Lernziele befinden sich im Wandel. Dank der Technik! Welcher Englischlehrer hätte es sich um die Jahrtausendwende zum Ziel gesetzt, dass seine Schüler ein authentisches Gespräch mit realen Schülern aus Bristol führen könnten? Welcher Kunstlehrer hätte an das Erstellen digitaler Fotocollagen gedacht? Welcher Physiklehrer hätte im Unterricht die Zeit gehabt, mit den Schülern über Trial-And-Error ans (Erkenntnis-)Ziel zu kommen (zumal dies unter Umständen sehr gefährlich hätte werden können)?
Das Einbeziehen von digitalen Medien unterstützt also nicht nur die Didaktik – es verändert sie auch. Neue Lernziele werden möglich, wenn die Lehrkraft die technischen Möglichkeiten mit ein wenig Neugierde, Kreativität und Mut einsetzt. Dann darf es nicht nur „Didaktik vor Technik!“ heißen. Sondern auch: Didaktik dank Technik.
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