Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben in den vergangenen Monaten schonungslos offengelegt, dass Deutschlands Schulen und ihre Lehrkräfte nicht genügend auf Bildung und Unterricht in der digitalen Welt vorbereitet sind. Wer aber davon ausgeht, dass sich dies mit dem anstehenden Generationenwechsel in den Kollegien verändern wird, den belehrt die aktuelle Veröffentlichung des Monitors Lehrerbildung eines Besseren: Auch 2021 sind im Lehramtsstudium verpflichtende Angebote zum Erwerb digitalisierungsbezogener Medienkompetenz noch Mangelware. Nur rund 20 Prozent aller Hochschulen sehen sie für alle Lehramtsstudierenden unabhängig vom Lehramtstyp verpflichtend vor. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Monitors Lehrerbildung, ein Kooperationsprojekt der Bertelsmann Stiftung, der Robert Bosch Stiftung, des Stifterverbands und des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE). Vergleichsdaten aus einer früheren Befragung des Monitor Lehrerbildung belegen zudem: Zwischen 2017 und 2020 wurden nur geringe Fortschritte bei der curricularen Verankerung von verpflichtenden Lehrveranstaltungen zum Thema digitale Medienkompetenz erzielt.

Die Autor:innen des Policy Briefs leiten daraus eine düstere Prognose ab: Bei dem bisherigen Tempo würde es etwa für das Lehramt an Gymnasien bis ins Jahr 2040 dauern, ehe digitalisierungsbezogene Kompetenzen flächendeckend in der Lehrerbildung etabliert sind. Wie kann es sein, dass angehende Lehrkräfte ins Referendariat starten, ohne sich im vorausgegangenen Lehramtsstudium jemals mit dem didaktischen Einsatz digitaler Medien und ihrer Bedeutung für Schule und Unterricht befasst zu haben? Wie sollen digitalbezogene Inhalte und Methoden nachhaltig in Unterricht und Prüfungen verankert werden, wenn selbst die kommende Generation von Lehrkräften nicht grundständig im Umgang mit digitalen Medien ausgebildet ist, sie sinnvoll zugunsten eines besseren Lernens der Schüler:innen einsetzen kann?

Im Policy Brief führen die Bildungsexpert:innen aus, dass die digitalen Medienkompetenzen bislang bei 80 Prozent der Hochschulen, die nach 2017 im Frühjahr 2020 erneut zu diesem Thema befragt wurden, als sogenanntes Querschnittsthema gedacht wird. Diese Art der Einbindung sei allerdings — so wird weiter erläutert – erst dann ein wirkliches Querschnittsthema, wenn digitalisierungsbezogene Kompetenzen in einem umfassenden Sinn sowohl in der Fachdidaktik als auch in den Bildungswissenschaften, den Fachwissenschaften und vor allem in den Praxisphasen für jede/n Studierende/n verbindlich zu erwerben seien. Das dies noch lange nicht der Fall ist, zeigt der Blick in die Empirie: Im Frühjahr 2020 waren digitale Medienkompetenzen laut Monitor Lehrerbildung zwar an 80 Prozent der Hochschulen in den Bildungswissenschaften curricular verankert, aber nur ein knappes Drittel der Hochschulen wies Inhalte in allen Fachdidaktiken (31,7 %), nur 5 Prozent der Hochschulen in allen Fachwissenschaften auf. Dies hatte sich seit 2017 nur marginal verändert. Damit – so resümieren die Autor:innen – bleibe die so dringend in den Schulen benötigte digitale Medienkompetenz weiterhin ein Thema des Wahlpflichtbereiches an den Hochschulen. Das bedeutet, es liegt einzig in der Motivation der Studierenden selbst, ob sie sich im Studium mit digitalen Medien und ihrer Bedeutung für Schule und Unterricht befassen wollen oder nicht.

Die Bildungsexpert:innen des Monitors Lehrerbildung plädieren jedenfalls dafür, dass dieses Problem schnell angegangen wird – sie sprechen sich aus für

  • phasen- und länderübergreifende Standards im Erwerb von digitalisierungsbezogenen Kompetenzen in der Lehrerbildung, um einen stetigen Kompetenzzuwachs über alle Phasen der Lehrerbildung zu ermöglichen,
  • eine Skalierung von bereits erfolgreichen Lehr-/Lernmodellen aus lehrkraftbildenden Hochschulen, z. B. über Hochschulverbünde und/oder eine bundesweite Plattform,
  • die Sicherung einer nachhaltigen Finanzierung, z. B. über eine Verstetigung des Digitalpakts Schule durch den Bund mit Fokus auf technische Ausstattung und gleichzeitige Sicherstellung von interdisziplinären Supportstrukturen für die Entwicklung einer zeitgemäßen digitalgestützten Lehre an den Universitäten.

Unser Resümee: Wir finden es sehr bemerkenswert, was der neue Policy Brief des Monitors Lehrerbildung zeigt. Es ist Ende 2021 – und nach wie vor ist es in Deutschland möglich, ein Lehramtsstudium zu absolvieren, ohne digitale Kompetenzen zu erwerben. Aber lesen Sie gern selbst …