Dass auch für den Unterricht an deutschen Schulen stärker die Möglichkeiten von digitalen Tools genutzt werden müssen, um ihn zeitgemäß zu gestalten und Schülerinnen und Schülern ein zukunftsorientiertes Lernen zu ermöglichen, ist bereits in aller Munde. Auch ist hinlänglich bekannt, dass sich die Lehrkräftebildung verändern muss, damit Lehrkräfte diese Anforderung besser erfüllen können.

Finanziert von der Europäischen Union und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, hat nun der Kompetenzverbund lernen:digital die Arbeit aufgenommen. In den Bereichen MINT, Sprachen/Gesellschaft/Wirtschaft, Musik/Kunst/Sport sowie dem übergeordneten Thema Schulentwicklung bündelt je ein Kompetenzzentrum die Expertise aus rund 200 länderübergreifenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit dem Ziel, die Lehrkräftebildung in diesen Feldern zu verbessern. Eine Transferstelle soll die Ergebnisse aus den Projekten sichtbar machen und dafür sorgen, dass die wissenschaftliche Expertise auch in die Praxis der Lehrkräftebildung einfließt.

Schule21 sprach mit der wissenschaftlichen Leitung der Transferstelle, Prof. Dr. Katharina Scheiter und Prof. Dr. Dirk Richter von der Universität Potsdam darüber, wie der Kompetenzverbund und die Transferstelle in die Lehrkräftebildung hineinwirken können.

Anfang August hat das vierte Kompetenzzentrum im Rahmen des Kompetenzverbundes lernen:digital die Arbeit aufgenommen. Neben den anderen drei schon arbeitenden, die fächergruppenbezogen ausgerichtet sind, fokussiert dieses auf Schulentwicklung. Woran werden wir nach Auslauf der Förderung in 2,5 Jahren erkennen, dass alle vier Kompetenzzentren erfolgreich gearbeitet haben?

In den nächsten 2,5 Jahren entstehen in den vier Kompetenzzentren ganz unterschiedliche Fortbildungsangebote, die Lehrkräfte dabei unterstützen sollen, Unterricht unter Nutzung digitaler Medien weiterzuentwickeln. Diese Fortbildungskonzepte werden in insgesamt 24 Verbünden erprobt, evaluiert und anschließend für die Nutzung in allen Bundesländern in Zusammenarbeit mit der Transferstelle bereitgestellt. Diese sorgt dafür, dass über entsprechende Plattformen alle Bundesländer Zugang zu diesen Fortbildungsangeboten und den damit verbundenen Materialien haben werden. Nach Ende der Projektlaufzeit verfügen wir daher über eine umfassende Zahl an Fortbildungsangeboten, welche von Multiplikator:innen in allen Ländern aufgegriffen und allen Lehrkräften zugänglich gemacht werden können. Zusätzlich zu den Fortbildungsangeboten und den Materialien finden über die Projektlaufzeit eine Reihe von Fachtagungen, themenorientierten Workshops und digitalen Vorträgen statt, um Erkenntnisse aus der Arbeit des Verbundes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und neue Impulse aus der Praxis in die Arbeit des Verbundes zu integrieren.

Was kann die Transferstelle dazu beitragen, dass die von ihr angestrebten neuen Strukturen nachhaltig über die Projektlaufzeit hinaus gesichert werden? In Anbetracht der Tatsache, dass es in der Vergangenheit so schwierig war, Strukturen im Bildungssystem zu verändern – braucht es für echte Nachhaltigkeit nicht noch mehr Zeit und vielleicht auch weitere Unterstützungsmaßnahmen?

In den nächsten 2,5 Jahren werden in den Kompetenzzentren Strukturen geschaffen, in denen in kurzer Zeit evidenzbasierte Angebote zu digitalisierungsbezogenen Fortbildungen erwachsenen sollen. Über die Arbeit der Transferstelle wollen wir einerseits aufzeigen, wie eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis erfolgreich funktionieren kann. Andererseits sorgt die Transferstelle dafür, dass diese Angebote nicht nur für die Dauer der Projektförderung existieren, sondern auch darüber hinaus Bestand haben werden. Wir streben beispielsweise an, die bestehende Infrastruktur zum Austausch von Fortbildungskonzepten und zu Lehr- und Lernmaterialien der Länder so zu nutzen, dass die entstandenen Produkte diesen dauerhaft zur Verfügung stehen. Vor dem Hintergrund der enormen Bedeutung von Digitalisierung für Schule und Unterricht wünschen wir uns für den Verbund aber natürlich eine Fortführung dieses wichtigen Vorhabens, zumal mit der jetzigen Initiative das Thema einer wirkungsvollen digitalen Transformation im schulischen Bildungswesen sicherlich nicht abschließend adressiert sein wird – wenn dies angesichts der kontinuierlichen technologischen Innovation überhaupt möglich ist.

In der Vergangenheit hat sich die Lehrkräftefortbildung schwergetan, wissenschaftliche Erkenntnis in Fortbildungen einzubeziehen und umzusetzen. Nun sollen im Rahmen des Kompetenzverbundes „Blaupausen für die Orchestrierung von Unterricht“, so haben Sie es an anderer Stelle genannt, entstehen. Wie genau wird die Transferstelle sicherstellen, dass diese Ergebnisse aus den Projekten, die ja an sehr vielen und unterschiedlichen Universitäten durchgeführt werden, von der Fortbildungspraxis tatsächlich aufgegriffen und auch wirksam (und nicht nur rezepthaft) umgesetzt werden?

Die Entwicklung der Fortbildungsangebote erfolgt in vielen Kompetenzzentren nicht allein durch die Hochschulen, sondern bereits in Zusammenarbeit mit Personen der Fortbildungspraxis, wie z.B. Personen aus den Landesinstituten für Lehrkräftefortbildung. Insofern sind bereits bei der Entwicklung der Angebote Institutionen eingebunden, die insbesondere für die Durchführung der Fortbildungen verantwortlich sind. Darüber hinaus besteht seit Projektstart ein enger Austausch mit den Gremien der KMK und Vertreterinnen und Vertretern der Landesinstitute für Lehrkräftefortbildungen. Durch diesen Austausch wollen wir sicherstellen, dass eine größtmögliche Transparenz über Projektziele und -inhalte besteht und die Landesinstitute die Möglichkeit erhalten, ihre Interessen und Bedarfe frühzeitig einzubringen. Über diese Vernetzung können wir bereits vor der Entwicklung der Fortbildungsangebote dafür sorgen, dass die Angebote nach ihrer Entwicklung über die entsprechenden Strukturen bereitgestellt und von der Praxis aufgegriffen werden.

Wenn Sie einen Wunsch äußern dürften, welchen würden Sie an Fortbildner und Fortbildnerinnen richten, die zukunftsorientierte Fortbildungen gestalten sollen? Und welchen haben Sie an Lehrkräfte, die einen digital unterstützten Unterricht gestalten sollen, der Schülerinnen und Schüler begeistert und gut auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet?

Fortbildnerinnen und Fortbildner fungieren als Transmissionsriemen, die neue wissenschaftliche Erkenntnisse und neue didaktische Ansätze zur Arbeit mit digitalen Medien in die Schule bringen. Diese Gruppe ist daher von besonderer Bedeutung für die erfolgreiche Umsetzung des Gesamtvorhabens. Wir wünschen uns von Fortbildnerinnen und Fortbildnern, dass sie mit großem Interesse und Engagement die neu entstehenden Produkte aufgreifen und für ihre Fortbildungspraxis adaptieren. Dementsprechend wünschen wir uns von den Lehrkräften, dass sie die Veränderungen, die durch den Einsatz digitaler Medien möglich werden, als Chance begreifen ihren Unterricht weiterzuentwickeln, um jede einzelne Schülerin, jeden einzelnen Schüler noch besser zu fördern.

 

Schule21 bedankt sich herzlich für das Gespräch.