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Vielen Dank, Christian, für Deinen informativen Beitrag. Differenzierung im Unterricht ist unverzichtbar, wird von vielen Kolleginnen und Kollegen auch schon seit Langem praktiziert (prinzipiell ist jedes Tun der Lehrkraft differenzierend; mit dem – kaum realisierbaren – durchgehenden Zur-Verfügung-Stellen unterschiedlich anspruchsvoller Aufgaben ist es auch nicht getan), hat seit vielen Jahren einen festen Platz in der Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren und stellt dennoch eine der größten Herausforderungen im Klassenraum dar.
Die drei von Dir vorgestellten Ansätze finde ich bemerkenswert. Sie sollten m.E. einander nicht ausschließen. „Best Practice“ sowie deren Auszeichnung mögen – je nach Umsetzung – des Exklusivismus und der Huldigung „unrealistischer“ oder auch nur nicht transparenter Qualitätskriterien verdächtig sein, müssen es aber nicht, wenn sie basisdemokratisch ermittelt wird, d.h. durch Anwendung und Rückmeldung von Lehrkräften.
Ein BarCamp zum Thema Differenzierung bzw. dessen Dokumentierung mag zwar nicht zu konsequent durchdachten und nachhaltig befriedigenden Ergebnissen führen, kann aber – an geschickter Stelle in einen länger laufenden Prozess eingebunden – durchaus zur breiteren Beachtung des Themas, zusätzlicher Attraktivität des Mitmachens und auch zur Vorstellung bis dahin priorisierter Differenzierungsbeispiele dienen.
Die Vernetzung der schon vorhandenen Lehrkraft-Communities und das durchgehende „Querfunken“ in sie hinein ist integraler Bestandteil eines jeden Projekts, das etwas und jemanden erreichen möchte.
Wenn die genannten Aspekte von hinten her zusammengebunden werden, könnte ein Prozess wie folgt aussehen: Aus möglichst breiter Fläche werden Beispiele für Differenzierung erhoben. Die sollen und müssen aber nicht „perfekt“ fertiggestellt sein, vielmehr reichen schon Ideen und Ansätze, die in einem öffentlichen Forum gesammelt werden könnten. Schulen bzw. Fachschaften sollten direkt zur Teilnahme eingeladen werden, Fortbildungsetat-Preise könnten diese Teilnahme richtig attraktiv machen. Die Rolle der Lehrkraft-Communities (prinzipiell aller Lehrkräfte, die sich daran beteiligen wollen) wäre dann die Strukturierung und Zusammenstellung dieser Ansätze zu illustrierten Konzepten (es könnten unter Ansprache schon vorhandener Strukturen Fachteams gebildet werden). Wenn ein Unternehmen wie Bertelsmann mitmacht, könnten Copyright-Verhandlungen vielleicht von dieser Seite abgenommen werden. Diese Konzepte (es reicht aus, wenn ein Dutzend herauskommt) könnten im Rahmen eines Barcamps präsentiert und weiterentwickelt bzw. um weitere Beispiele ergänzt werden. Im Nachgang wären die Ergänzungen wieder einzuarbeiten und Copyright-Genehmigungen einzuholen. Spätestens jetzt sollte auch die Expertise aus Bildungsinstitutionen wie Universitäten und Studienseminaren in den Prozess eingebunden werden um die Qualität der ausgearbeiteten und illustrierten Konzepte weiter zu steigern. Am Ende steht dann eine Webpräsenz, auf der die fertigen Konzepte vorgestellt, dazu passende freie Unterrichtsmaterialien gezogen und Anwendungskommentare hinterlassen werden können.
So ein Projekt fände ich gut. Es integriert Praxisbezug, Schwarm- wie Professionsintelligenz und das von Lisa-Rosa m.E. richtig beschriebene Lehrkraft-Wünschen.
Das Problem ist grundsätzlich zunächst einmal, dass man nur einen kleinen Ausschnitt aus den Kollegien unserer Schulen erreichen kann. Das sind die Lehrerinnen und Lehrer, die ohnehin Interesse an Veränderungen oder Weiterentwicklungen von Schule und Unterricht haben.
Diese Gruppe erreicht man aufgrund ihres Interesse recht leicht über das Internet, da sie Webseiten und Plattformen nutzen, die ihnen Informationen, Anregungen und Gedankenaustausch bieten. Das Internet ist in dieser Hinsicht heute die einfachste Möglichkeit, in dieser Richtung aktiv zu werden. Das erkennen diese Leute schnell. So werden die Mitglieder dieser Gruppe auch leichter für Konferenzen, Educamps wie auch Fortbildungen zu gewinnen sein. Sie werden es auch bevorzugt sein, die sich Informationen oder Filme zu Best Practice Beispielen ansehen.
Viel schwieriger ist es, den Rest zu erreichen, die große Mehrheit. Sie stecken im Berufsalltag und haben damit genug zu tun nebst Privatleben. Bei den Älteren gehören auch die dazu, die schon viele Reformen und neue Ideen haben kommen und gehen sehen. Kompetenzorientierung ist für sie alter Wein in neuen Schläuchen, Binnendifferenzierung kennen sie schon ewig, praktizieren es aber nicht und schülerorientierter Unterricht, die Mode ist in ein paar Jahren wieder durch, fangen sie also gar nicht erst an damit. Was diese stille schwer zu beeindruckende und überzeugende Mehrheit braucht, ist Stabilität in dem System, an das zu glauben sie sich abgewöhnt haben.
Seeing is believing: am ehesten zu überzeugen sind sie, so meine Erfahrung, wenn sie funktionierende Beispiele von Schulen sehen, die der ihren sehr ähnlich sind. Andere Beispiele werden schnell abgetan mit der Begründung, dass dort die Verhältnisse völlig andere seien, andere Zusammensetzung der Schülerschaft, andere soziale Hintergründe, andere finanzielle und personelle Ausstattung, Privatschule, usw..
Diese Beispiele bekommt man an jene Lehrer aber nicht direkt, sondern am ehesten über Umwege. Eine Möglichkeit wären die Lehrerinnen und Lehrer der ersten Gruppe. Die müssten über ihr Netzwerk, über Educamps, Konferenzen, …, so gestärkt werden, dass sie Ideen an ihre Schule tragen können. Ideen alleine, das reicht aber nicht. Sie brauchen praktische Beispiele, Materialien, Schulen, die man besuchen kann, Referenten, welche die eigene Schule besuchen und Entwicklungshilfe leisten. Alle diese Punkte sind wichtig. Wer schülerorientierten Unterricht nicht selbst kennt, außer vom Hörensagen, der muss ihn erleben, muss mit Kollegen reden können, muss feststellen können, dass deren Schüler nicht anders als die eigenen sind, dass die Schulverhältnisse nicht anders sind und dass es zu schaffen ist.
Das Konzept von Blick-über-den-Zaun ist von daher schon nicht schlecht finde ich. Da leisten die Schulen Entwicklungshilfe für einander. Beim ADZ Netzwerk geht man nach meinen bisherigen Erfahrungen noch nicht ganz so weit, findet jedoch im persönlichen Austausch ebenfalls viele Anregungen.
zwei kurze rückmeldungen:
1. ob „Mitmachkonferenz“ die richtige Ansprache für Erwachsene ist, deren Profession es ist, Lernprozesse zu gestalten? Mir kommt es vor, als wären die Zuschauer der Sesamstraße damit angesprochen. Das, was gemeint ist, ist offenbar das Barcamp. (Web 2.0 ist auch nur für die Medienpädagogen das „Mitmachnetz“, die ihre Kunden nicht in Augenhöhe sehen.)
2. A propos. Hier sieht es wieder danach aus, als würde versucht, die unwilligen oder unfähigen Lehrkräfte zum Jagen zu tragen. Meist ein Versuch von Nichtpädagogen. Das wird nicht gut gehen. Die Lehrkräfte wollen zu Recht als Experten ihrer Tätigkeit angesprochen werden. Dazu gehört, dass man sie fragt, was sie für Bedürfnisse haben, welche Probleme sie haben, und was sie sich an Unterstätzung innovativer Tätigkeit vorstellen, anstatt dass sie manipuliert „verführt“ werden. (etwa durch Auslobung von Preisen für gute Unterrichtsvorlagen). Die meines Erachtens beste Schulentwicklung ist immer noch die vor Ort, die mit einem Envisioning von guter Schule beginnt, bzw. die Probleme des Arbeitsplatzes anspricht. Initiativen, die von außen, die Lehrer dazu bringen wollen, jetzt mal endlich ihr Tätigkeitsfeld zu transformieren, übersehen immer, dass ein sehr großer der Lehrkräfte dies schon längst will, aber keine Möglichkeit dazu sieht, weil die notwendige Unterstützung dafür fehlt. Genau diese Lehrkräfte, meine ich, müssten angesprochen werden. Nicht als Einzelne, sondern in Form von Angeboten an ganze Kollegien. Wie diese Angebote aussehen müssten, muss man Kollegien fragen, die einen Change mit ihrer Schule schon erfolgreich gemacht haben. Und davon gibt es ja nun einige! Auch hier wieder könnte man von Finnland lernen. Die haben, als sie ihren großen Change initiiert haben, die Akteure (die Lehrkräfte gefragt:) Wo seht ihr die größten Probleme, wie stellt ihr euch die Lösung vor, was braucht ihr an Unterstützung. Lehrer brauchen keine Preise und keine „Anreize“ von außen. Sie wünschen sich sebst am meisten einen befriedigenden Arbeitsplatz, an dem sie so arbeiten können, dass sie erfolgreich sind und Freude an ihrer Tätigkeit empfinden können.