Schule heute ist vielfältig: Das gilt für viele Facetten, unter anderem für den Migrationshintergrund. Denn jeder dritte Schüler, der heute eingeschult wird, hat ihn. Lenkt man den Fokus allerdings von der Schülerschaft auf die Kollegien, ergibt sich ein anderes Bild – einen Migrationshintergrund hat nur jede 13. Lehrkraft. Das Projekt „Lehrkräfte Plus“ sieht Potenzial bei einer Gruppe, die gemeinhin kaum Chancen hat, Teil eines Kollegiums zu werden: bei Lehrkräften mit Fluchtgeschichte.
Seit gut zwei Jahren unterstützen wir als Stiftung die Universität Bielefeld im Projekt „Lehrkräfte Plus“, seit anderthalb Jahren, gemeinsam mit der Stiftung Mercator, das Schwesterprojekt an der Ruhr-Universität Bochum. Die gleichsinnigen Projekte bieten geflüchteten Lehrkräften die Chance, sich auf eine Tätigkeit an Schule in Nordrhein-Westfalen vorzubereiten. In einem einjährigen Kurs arbeiten die Teilnehmenden an ihren Deutschkenntnissen, vergleichen das deutsche Schulsystem mit den Systemen in ihren Herkunftsländern, entwickeln sich pädagogisch und fachdidaktisch weiter und absolvieren ein Schulpraktikum. Ein strammes Programm für ein Jahr – trotzdem gibt es so gut wie keinen Schwund unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Wer mit Teilnehmenden, Absolventinnen und Absolventen ins Gespräch kommt, merkt schnell, warum das so ist: Wer es in das Programm schafft, will mit Schülerinnen und Schülern arbeiten – will zurück in den erlernten Beruf. Ohne das Programm wäre das sehr schwierig: Zwar gibt es in vielen Ländern sog. Anpassungslehrgänge oder Anpassungsqualifizierungen, doch haben i.d.R. nur Lehrkräfte aus dem europäischen Ausland Zugang dazu.
Für die Lehrkräfte mit Fluchtgeschichte stellt „Lehrkräfte Plus“ einen Anfang dar – einen Anschluss bietet ein Programm auf Seiten der Bezirksregierungen. Das Projekt „Integration von Lehrkräften mit Fluchthintergrund“ (ILF) wird seit September 2018 in der Bezirksregierung Arnsberg erprobt, inzwischen haben die Bezirksregierungen in Düsseldorf und in Detmold ähnliche Programme aufgesetzt. Hier werden Absolventinnen und Absolventen befristet an einer Schule eingestellt und erhalten zusätzlich dazu noch Unterstützung durch ein Studienseminar. Schule und geflüchtete Lehrkraft profitieren gleichermaßen – danach gibt es unterschiedliche Möglichkeiten für die Teilnehmenden, als Ein-Fach-Lehrkraft in Schule tätig zu werden.
Das Ministerium für Schule und Bildung (MSB) Nordrhein-Westfalen hat „Lehrkräfte Plus“ als Kooperationspartner von vorn herein unterstützt. Ministerin Yvonne Gebauer (FDP) sieht, welches Potenzial geflüchtete Lehrkräfte mitbringen.
Ich wünsche mir, dass diese Sichtweise Schule macht und dass andere Länder nachziehen – auch, weil es in Zeiten des Lehrermangels nicht verantwortbar ist, dieses Potenzial ungenutzt zu lassen.
Noch mehr erfahrt ihr hier: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/in-vielfalt-besser-lernen/projektthemen/lehrkraefte/qualifizierungsprogramm-fuer-gefluechtete-lehrkraefte