Teil 3 der Serie zu Lehrerkompetenzen und individueller Förderung.
Das Referendariat habe ich in den Neunzigern absolviert. Damals standen insbesondere Methodenvielfalt und Handlungsorientierung hoch im Kurs; Hilbert Meyer war noch in Mode und Heinz Klippert der aufgehende Stern am Pädagogenhimmel. Lernen lernen – das klang vielversprechend. In meinen Fächern (Deutsch, Englisch) wurden „neue“ Dinge erprobt, z. B. szenisches Interpretieren als Gegenpol zu einem rein kognitv ausgericheten Literaturunterricht. Eine Revolution? Tatsächlich: Spätestens nach dem zehnten Standbild gingen auch die gutmütigsten Schüler auf die Barrikaden. Wie man damals der Meuterei Herr wurde? Ich kann mich noch dunkel an die Gordon-Methode (Lehrer-Schüler-Konferenz) erinnern, um mit Konflikten im Schulalltag umzugehen. Über Klassenführung bzw. „Classroom Management“ war damals auf jeden Fall denkbar wenig bekannt.
„Klassenführung ist als Thema der Lehreraus- und fortbildung in Deutschland unterrepräsentiert“ schrieb Andreas Helmke noch vor kurzem (Helmke, 2007). Dabei scheint das Gelingen von Unterricht in hohem Maße von einer effizienten Klassenführung abzuhängen.
Was ist Klassenführung?
Durch eine effiziente Klassenführung wird die „aktive Lernzeit“ der Schülerinnen und Schüler gesteuert, das heißt diejenige Zeit, in der sich die Schüler mit den zu lernenden Inhalten auch tatsächlich befassen. Je besser es der Lehrkraft gelingt, die verfügbare Zeit für Unterricht zu nutzen, desto mehr wird gelernt. Klassenführung lässt sich laut Helmke nicht auf den Umgang mit Disziplinproblemen reduzieren – sie ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass sie „präventive, proaktive und reaktive Elemente umfasst, wobei die Vorbeugung klar im Mittelpunkt steht. Unterrichtsqualität und Klassenführung werden zwar begrifflich voneinander unterschieden, es wird jedoch stets auf die enge wechselseitige Verflechtung hingewiesen.“ (ebd.)
Wie lässt sich eine effiziente Klassenführung im Unterrichtsalltag realisieren?
Für eine effiziente Klassenführung ist die Einführung und konsequente Umsetzung von Regeln, Routinen und Ritualen essentiell, die wesentlich dazu beitragen, Störungen vorzubeugen. Diese Regeln beziehen sich auf das gesamte Spektrum des unterrichtsbezogenen und sozialen Verhaltens: Welche Regeln gibt es für Verspätungen, Handynutzung, Kaugummi-Kauen und Mütze-Tragen im Unterricht? Für die Lautstärke im Klassenzimmer bei Gruppen- und Partnerarbeit hat sich zum Beispiel die „30cm-Stimme“ bewährt: Alle Anwesenden senken ihre Stimme so sehr, dass nur Gesprächspartner im Radius von 30 Zentimetern sie hören können.
Die Regeln müssen verbindlich eingeführt – am besten von den Schülern selbst erarbeitet werden – und kontinuierlich gesichert und gefestigt werden. Wie das im Unterrichtsalltag geschehen kann, zeigt dieses wunderbare Filmbeispiel (ca. ab Minute 5): Eine Gruppe von Schülern erhält den Auftrag, dem Rest der Klasse etwas zu erklären. Diese aber sind vorab von der Lehrerin instruiert worden, die Vortragenden zu stören oder zu ignorieren. Die Situation wird analysiert. Schließlich vereinbaren alle Schüler gemeinsam die Regeln für eine gelingende Kommunikation im Unterricht.