Ein Veranstaltungsbericht.

Im Web-Talk „Belastet und übergangen? Wie geht es für Jugendliche weiter nach zwei Jahren Corona?“ brachten drei junge Menschen eindrucksvoll ihre Perspektive auf die letzten zwei Corona-Jahre ein. Lea Leidig vom JugendExpert:innenTeam des Projekts „Familie und Bildung: Politik vom Kind aus denken“ der Bertelsmann Stiftung und Dario Schramm (ehemaliger Sprecher der Bundesschülerkonferenz und Autor des Buches „Die Vernachlässigten“) sprachen in Bezug auf die letzten zwei Jahre von einer großen Unsicherheit im Leben junger Menschen.

​​​Die letzten zwei Jahre haben das Leben vieler junger Menschen auf den Kopf gestellt. Das, was für viele ganz normal zum Erwachsenwerden dazugehört – der erste Kuss, in eine andere Stadt ziehen, sich Vorlesungen im Audimax anhören – war eine ganze Weile nicht oder nur eingeschränkt möglich. Xueling Zhou von der Landesschüler:innen-Vertretung Nordrhein-Westfalen sprach einprägsam von „Verzweiflung, Wut und einem großen Fragezeichen im Leben“.

Jungen Menschen zuhören und mit Empathie begegnen

Die Parlamentarische Staatssekretärin des BMFSFJ, Ekin Deligöz (Bündnis 90/Grüne) zeigte sich von den Schilderungen der jungen Menschen sichtlich berührt. Auch sie habe zwei Kinder am Übergang zwischen Schule und Ausbildung bzw. Universität. Ihr Sohn, der studiere, frage sie manchmal, wo denn nun diese „beste Zeit im Leben“ bleibe, von der sie in der Rückschau auf ihre Zeit an der Uni immer erzählt habe. Aus ihrer Sicht sei es entscheidend, jungen Menschen nun mit Empathie zu begegnen und ihnen zuzuhören. Das bedeute Generationengerechtigkeit für sie. Denn während sich die meisten jungen Menschen in der Pandemie solidarisch gezeigt und sich an alle Regeln gehalten hätten, hätten Erwachsene nicht im gleichen Maße respektvoll gehandelt und Schüler:innen bzw. Studierende mit einbezogen, wenn es z. B. darum ging, Wege zu finden, die ​​​​Schulen oder Universitäten offen zu halten.

Prof.‘in Sabine Andresen von der Universität Frankfurt/Main und Co-Autorin der JuCo-Studien fasste die wichtigsten Befunde aus der letzten JuCo-Befragung aus dem Dezember 2021 zusammen. Dabei sind aus ihrer Sicht zwei Ergebnisse besonders wichtig:

  • Die Zukunftssorgen junger Menschen haben im Vergleich zu den vorherigen JuCo-Befragungen noch einmal zugenommen
  • Auch die Geldsorgen sind gewachsen. Dabei zeigt sich, dass junge Menschen, die sich Sorgen um ihre finanzielle Situation machen, auch überdurchschnittlich häufig psychisch belastet sind.

Was junge Menschen jetzt brauchen

Was junge Menschen sich jetzt von der Politik für konkrete Maßnahmen wünschen, wurde im Web-Talk breit diskutiert: Als erstes möchten junge Menschen durchgängig die Möglichkeit haben, ihre Sichtweise ebenso wie ihre Bedarfe und Sorgen an allen Orten einzubringen, die für sie wichtig sind. Daher seien Strukturen zu schaffen, die Beteiligung und Mitbestimmung strukturell verankern. Darüber hinaus war es allen Diskussionsteilnehmer:innen ein wichtiges Anliegen, dass sozial benachteiligte junge Menschen schnell besser unterstützt werden. Hier habe die Pandemie einmal mehr offenbart, dass sie viel zu wenig im Fokus der Politik seien. Zudem wurden Themen wie der eklatante Fachkräftemangel in allen pädagogischen Bereichen sowie die fehlenden Therapiemöglichkeiten bei psychischen Belastungen intensiv diskutiert. Hier müssten dringend ressortübergreifend Konzepte entwickelt werden, die diese Probleme angehen.

Eine Zusammenfassung des Chats der Veranstaltung zeigt einen bunten Strauß von Ideen der Zuschauer:innen, was sie zur Verbesserung der Situation beitragen möchten. Von „Kinder und Jugendliche in ihren politischen Aussagen ernst nehmen und ihnen richtig begegnen“ über „Ein Projekt zur zugehenden psychologischen Arbeit an Berufsschulen auf den Weg bringen“ oder „Das Thema in den Jugendhilfeausschuss bringen“, waren viele eindrückliche Kommentare dabei.

Der Web-Talk am 2. März 2022 wurde veranstaltet vom Projekt „Familie und Bildung: Politik vom Kind aus denken“ der Bertelsmann Stiftung.