Schule21 im Gespräch mit Schüler:innen

Jeden Tag erleben Schüler:innen eine Vielzahl an Lernsituationen in Schule: Sie werden von unterschiedlichen Lehrkräften in verschiedenen Fächern unterrichtet und auch die Unterrichtssettings sind verschieden. Damit sind Kinder und Jugendliche Experten für ihr eigenes Lernen, jede:r einzelne verfügt über einen individuellen Erfahrungsschatz, der spannende Einblicke in schulischen Alltag gibt. Schule21 hat drei Schüler:innen aus verschiedenen Klassenstufen und Schulformen gefragt, wie ihr Schulalltag aussieht, was aus ihrer individuellen Sicht gut läuft, was fehlt und was sich die Jugendlichen für ihr Lernen wünschen.

 

Wie sehen Schüler:innen Lernen in Unterricht und Schule?

Gibt es aus der Sicht von Schüler:innen  „typische“ Unterrichtsstunden? Wir haben die Schüler:innen gebeten, eine für sie typische Lehr-Lernsituation aus dem Unterricht zu beschreiben. Gibt es Dinge, Abläufe oder Strukturen, die im Unterricht häufig vorkommen? Und was halten Kinder und Jugendliche davon? Unsere Gesprächspartner:innen beschreiben, dass sie in ihren Unterrichtsstunden nicht immer gleich arbeiten und im Unterricht verschiedene Aufgaben und Methoden kennengelernt haben. Darunter fällt beispielsweise die Arbeit mit Texten, die Bearbeitung von Arbeitsblättern oder die Nutzung der Tafel. Aus den Berichten der Schüler:innen deutet sich aber an, dass es auch so etwas wie eine „typische“ Unterrichtsstunde gibt, die drei bzw. vier Phasen umfasst. Drei Originaläußerungen[1] unserer Gesprächspartner:innen beschreiben dies wie folgt:

Einige Punkte kritisieren die Schüler:innen explizit. Sie bemängeln, dass Stress und Leistungsdruck im Unterricht eine Rolle spielen – stellvertretend für andere Beispiele berichtet ein Gesprächspartner beispielsweise davon, dass Lehrkräfte Zeitdruck erzeugen. So merke man „bei uns, vor allem bei G8, […] den Zeitdruck, den man hat. Es kommt richtig oft vor, dass z.B. unser Mathelehrer sagt: ‚Ja der andere Mathekurs ist schon viel weiter, wir müssen jetzt hier mal mit dem Tempo anziehen.‘ Aber viele Leute kommen einfach nicht mit und das sieht man im Endergebnis ja auch an den Zensuren. Auch das ist stressig.” Neben mehr Lernzeit wünschen sich unsere Gesprächspartner:innen mehr Abwechslung in der Unterrichtsgestaltung.

Einige Punkte kritisieren die Schüler:innen explizit. Sie bemängeln, dass Stress und Leistungsdruck im Unterricht eine Rolle spielen – stellvertretend für andere Beispiele berichtet ein Gesprächspartner beispielsweise davon, dass Lehrkräfte Zeitdruck erzeugen. So merke man „bei uns, vor allem bei G8, […] den Zeitdruck, den man hat. Es kommt richtig oft vor, dass z.B. unser Mathelehrer sagt: ‚Ja der andere Mathekurs ist schon viel weiter, wir müssen jetzt hier mal mit dem Tempo anziehen.‘ Aber viele Leute kommen einfach nicht mit und das sieht man im Endergebnis ja auch an den Zensuren. Auch das ist stressig.” Neben mehr Lernzeit wünschen sich unsere Gesprächspartner:innen mehr Abwechslung in der Unterrichtsgestaltung.

Wann Schüler:innen gerne lernen

Dass Schule und Unterricht auch ganz anders sein können, darin sind sich die Schüler:innen einig. Sie berichten über weite Strecken der Gespräche davon, wie sie selbst gerne lernen und welche positiven Erfahrungen sie im Unterricht gemacht haben. Dabei betonen unsere Gesprächspartner:innen, dass sie besonders gut lernen können, wenn sie interessiert an den Inhalten sind und Dinge ausprobieren bzw. sich selbst erarbeiten können. Außerdem wird die Relevanz eines positiven und unterstützenden Lernklimas und der sozialen Eingebundenheit, also dem gemeinschaftlichen Lernen mit Freund:innen, in allen Gesprächen als grundlegend herausgestellt.

Wann Schüler: innen sich zum Lernen aufraffen müssen und wie sie damit umgehen

Unterricht, der ausnahmslos Spaß macht und Themen behandelt, für die sich Schüler:innen von sich aus interessieren, scheint aber utopisch und realitätsfern. Immer wieder schildern unsere Gesprächspartner:innen im Verlauf der Unterhaltungen Situationen im Unterricht, in denen ihnen die Lerninhalte weit weg vom eigenen Leben vorkommen. Trotzdem werden diese Themen im Unterricht behandelt und in Prüfungen abgefragt – und zwar ohne, dass erläutert würde, warum dies so sei. Was machen Kinder und Jugendliche also, wenn sie zunächst unmotiviert sind, keinen Sinn darin sehen, Lernstoff zu büffeln und sie sich für das Lernen sogar richtig aufraffen müssen?

Unsere Gesprächspartner:innen gehen situativ unterschiedlich mit derartigen Herausforderungen um. Zum Teil ziehen sie das Lernen einfach durch, weil sie keine andere Option sehen. Manchmal prokrastinieren sie (wider besseres Wissen, dass die Dinge trotzdem später erledigt werden müssen) und schieben Dinge oder Aufgaben auf.

Die Stimmen der Schüler:innen zeigen: Sie haben irgendwie selbst gelernt, mit solchen schwierigeren Situationen umzugehen – hier ist Durchhaltevermögen gefragt. Und dann gibt es auch Momente, in denen bei der Vielzahl an Aufgaben und Lernstoff nicht alles geschafft wird.

Über Mitbestimmungsmöglichkeiten beim Lernen

Unsere Gesprächspartner: innen berichten davon, dass sie dann besonders gerne lernen, wenn sie sich beteiligt, sozial eingebunden und kompetent erleben. Es sind vor allem Lernangebote, in denen sie aktiv einen Bezug zu ihren Interessen, ihren eigenen Lebenswelten oder auch den aktuellen und zukünftigen Anforderungen herstellen können. Auf unsere Frage, ob und wo die Schüler:innen darüber mitentscheiden können, was gelernt wird, gab es unterschiedliche Reaktionen. Sie berichten, dass es nur vereinzelt bei bestimmten Projekten oder in einigen Fällen bei der Reihenfolge der Themen im Unterricht die Möglichkeit zur Mitbestimmung oder Beteiligung gäbe. Zwar werden – so die Jugendlichen – in den Unterrichtsmethoden Optionen bereitgestellt, allerdings käme das eher selten vor. Außerdem hänge das immer von der Lehrkraft ab.

Gleichzeitig wünscht sich auf Nachfrage, ob mehr Mitbestimmung aus Sicht der Schüler:innen besser wäre, eine:r der Schüler:Gesprächspartner:innen mehr Beteiligungsmöglichkeiten. Worüber in Schule durch Kinder und Jugendliche mitentschieden werden soll, wird aus dem Zitat deutlich:

Warum Schülerstimmen gehört werden sollten

Die Erfahrungsberichte der Schüler:innen aus dem Schulalltag lassen in die Welten und Sichtweisen von Kindern und Jugendlichen eintauchen. Natürlich sind die hier vorgestellten Schülerperspektiven auf Schule und Unterricht sehr individuell und keineswegs allgemeingültig. Gleichwohl enthalten die hier aufgegriffenen drei Gespräche erste Anregungen dazu, wie Schulen gestaltet werden könnte, damit sich junge Menschen in ihren Belangen und Rechten ernst genommen fühlen und entsprechend ihren Fähigkeiten und Interessen gut lernen und leben können. Jugendliche haben als Expert:innen ihrer Lebenswelten vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen und Wünsche viel zu sagen. Im Schulalltag sehen sie allerdings nur beschränkt Möglichkeiten, ihre Wünsche und Bedürfnisse einbringen zu können, gerade wenn es um die Gestaltung des eigenen Lernens geht.

Jenseits der hier geführten Gespräche mit einer kleinen Gruppe von Schüler:innen, lässt sich auch auf einer übergeordneten Ebene des Schulsystems fragen, inwieweit die Schülerstimmen und die Einschätzungen der Kinder und Jugendlichen in der aktuell geführten bildungspolitischen Debatte berücksichtigt werden? In diesem Zusammenhang verwies bereits Roland Roth in seinem Blogbeitrag auf die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Bildung und Beteiligung mit Bezug auf die UN-Kinderrechtskonvention hingewiesen und forderte umfassende Beteiligungsprozesse.

Damit die Stimme der Kinder und Jugendlichen, auch der von Bildungsarmut betroffenen, in der Bildungspolitik gehört und berücksichtigt wird, braucht es unabhängige Organisationen der Schüler:innen und peer-to-peer Beteiligungsformate, in denen die Kinder und Jugendlichen ihre Positionen zur Bildung, zu Schule und Ganztag entwickeln und direkt an die Politik adressieren können. Hier setzt z. B. das Forderungspapier an, das im Rahmen des Bildungskongresses 2023 entstanden ist. Es braucht zudem auch wissenschaftlich fundierte Aussagen zu den schulischen Bedarfen von Kindern und Jugendlichen und zur erlebten Umsetzung ihrer Rechte in Schule. Auch diese sollten unter Beteiligung von jungen Menschen generiert und (von diesen) in den bildungspolitischen Diskurs eingebracht werden. Um ‚mit‘ und nicht ‚über‘ Schüler:innen zu diskutieren, initiiert das Jugendexert:innen Team der Bertelsmann Stiftung am 17. November eine Zukunftskonferenz für und von jungen Menschen in Berlin. Auch auf unserem Blog Schule21 werden zukünftig noch mehr Stimmen von Kindern und Jugendlichen zu hören sein.

 

Schule21 bedankt sich herzlich bei allen Schüler:innen  für ihre Bereitschaft, sich an den Gesprächen zu beteiligen. Ein großer Dank gilt auch Sarah Kramer für die Unterstützung bei den Gesprächen.  

 

 


[1] Um möglichst nah an den Äußerungen unserer Gesprächspartner:innen zu bleiben, enthalten die Sprechblasen Originalzitate der Schüler:innen.