Deutscher Schulpreis 2011: die IGS Georg-Christroph-Lichtenberg in Goettingen.
Deutscher Schulpreis 2011: die IGS Georg-Christroph-Lichtenberg in Goettingen. (c) Robert Bosch Stiftung

Berlin, 10. Juni 2011. Strahlendstes Wetter. Die Elisabethkirche in der Invalidenstraße ist brechend voll. 1830 von Karl Friedrich Schinkel konzipiert, war die Kirche im 2. Weltkrieg schwer beschädigt und erst 1990 gesichert und mit einem Notdach versehen worden; 2004 restauriert. Heute präsentiert sie sich ihren ungeschmückten Backsteinmauern und dem modernen Glasdach als faszinierender Rahmen für die fünfte Verleihung des Deutschen Schulpreises. In der Kirche drängen sich die Kollegien und Schüler der nominierten Schulen, die Presse und viele, die Rang und Namen haben in der Bildungslandschaft.
Über tausend Schulen haben sich seit Beginn des Wettbewerbs, den die Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung gemeinsam seit 2006 ausrufen, beworben. Und mit den diesjährigen Preisträgern gibt es insgesamt 32 Schulpreisschulen. Der Hauptpreis ging dieses Jahr an die Georg-Friedrich-Lichtenberg-Gesamtschule in Göttingen, die sich schon seit 40 Jahren dem gemeinsamen Lernen von Kindern und Jugendlichen verpflichtet fühlt. Die Schüler arbeiten in bewusst heterogen zusammengesetzten Tischgruppen und helfen sich gegenseitig; viermal im Jahr stellen sie ihre Arbeit in Tischgruppenabenden im Elternhaus eines Schülers vor. Bis zur achten Klasse gibt es keine Noten, bis zur 10. Klasse keine äußere Differenzierung, Kinder und Jugendliche mit Haupt-, Realschul- und Gymnasialempfehlung lernen gemeinsam. „Und trotzdem gute Leistungen?“, fragt Sandra Maischberger Schulleiter Wolfgang Vogelsaenger auf der Preisverleihung. „Deswegen gute Leistungen“, sagt der – und die Statistik gibt ihm Recht: die Schule zählt zu den besten 5 % der Schulen in Niedersachsen mit gymnasialer Oberstufe. Die Übergangsquoten sind hoch. Viele, die mit Real- oder sogar Hauptschulempfehlung in der fünften anfangen, machen das Abitur. Und in den zentralen Abiturprüfungen zeigen die Schüler ausgezeichnete Leistungen.
Das gemeinsame Von- und Miteinanderlernen, das zu einem hohen Leistungsniveau führt und dazu beiträgt, dass Schule Spaß macht, das scheint typisch zu sein für gute Schulen – und für Schulen, die sich trauen, sich für den Deutschen Schulpreis zu bewerben. Der weitaus größte Teil der Preisträger jedenfalls sind Schulen, in denen dieses gemeinsame und gleichzeitig sehr individuelle Lernen im Vordergrund steht: sieben Grundschulen, neun Gesamt-, Ober- und Sekundarschulen, und vier Schulen, die von der Grundschule bis zum Abitur gehen, sind unter den Preisträgern – über 60 % also sind Schulen, die davon absehen, Kinder zu sortieren. Auf der anderen Seite leisten auch gerade jene Schulen Herausragendes, die sich für Kinder mit besonderem Förderbedarf einsetzen. Die „klassischen“ Schultypen – Gymnasien, Real- und Hauptschulen dagegen machen zusammen nur gut 20 % der Preisträger aus. Der Hauptpreis ging bisher zweimal an Grundschulen, zweimal an Gesamtschulen und einmal an die Sophie-Scholl-Schule, die Schule der Alpenklinik Santa Maria, in der Kinder allen Alters aus dem gesamten Bundesgebiet höchst erfolgreich lernen. Wenn der Schulpreis also neben einer Auszeichnung für hervorragende Arbeit auch Wegweiser sein soll, in welche Richtung nicht nur Einzelschulen, sondern das ganze Schulsystem sich bewegen könnte, dann ist die Richtung wohl diese: die Kinder und Jugendlichen selbst stehen im Mittelpunkt, sie lernen ohne Sortierung gemeinsam und je so, wie es ihrem Entwicklungsstand angemessen ist; Lehrer und Schüler behandeln einander mit Würde und Wertschätzung. Ich finde, das klingt gut für eine Schule der Zukunft!
Weitere Infos zum Deutschen Schulpreis finden Sie hier.